Das Jahr 2022 kann man an den Goldmärkten in drei Phasen einteilen. Auf einen fulminanten Jahresstart folgten sieben Monatsverluste in Folge. Im November setzte dann ein kräftiger Rebound ein. Am 20. Dezember verbuchte der Krisenschutz einen Jahresverlust in Höhe von 2,3 Prozent.

Restriktive US-Geldpolitik bremst Gold aus

Der russische Überfall auf die Ukraine trieb den Goldpreis Anfang März deutlich nach oben. Während er auf Dollarbasis ein neues Rekordhoch knapp verfehlt hat, gelang ihm (aufgrund der Dollarstärke) in Euro gerechnet dieses „Kunststück“. Am 8. März kostete nämlich eine Feinunze Gold in der Spitze 1.899 Euro. Weil der von Putin angezettelte Krieg aber – nicht wie von dem Machthaber erhofft – innerhalb weniger Tage gewonnen wurde und ein Flächenbrand in Europa ausgeblieben war, setzte danach eine rasante Talfahrt ein. Diese bescherte dem traditionellen Krisenschutz von April bis Oktober Monatsverluste zwischen 1,6 und 3,2 Prozent und führte zu einem Maximum Drawdown von über 20 Prozent. Ein starkes Comeback feierte der traditionelle Krisenschutz dann im Schlussquartal. Das Ende September markierte Jahrestief wurde seither um 200 Dollar übertroffen und generierte mit dem damit verbundenen Ausbruch aus dem seit März zu beobachtenden Abwärtstrend ein klares charttechnisches Kaufsignal. Für zusätzliche Spannung sorgte der Mitte Dezember erfolgte Angriff auf die langfristige 200-Tage-Linie. Sollte sie nachhaltig überwunden werden und nach oben drehen, wäre dies als Trendwechselsignal anzusehen.

Europäische Goldbesitzer können aus zwei Gründen mit der diesjährigen Goldperformance durchaus zufrieden sein. Zum einen legte das gelbe Edelmetall auf Eurobasis bis dato um fünf Prozent zu. Zum anderen entwickelte sich die Anlageklasse Gold deutlich besser als die wichtigsten Aktienmärkte bzw. Kryptowährungen. Grundsätzlich sollte ein Goldinvestment ohnehin weniger als volatiler Renditebringer, sondern in erster Linie als „Stabilitätsanker“ innerhalb eines Portfolios sowie als „Vermögensschutz“ für unsichere Zeiten interpretiert werden. Und dieses Schutzbedürfnis dürfte sich angesichts der zahlreichen unterschiedlichen Krisenherde eher verstärken als abschwächen.

Ausgebremst durch Zinserhöhungen

An den Goldmärkten wurden in diesem Jahr zwei Entwicklungen besonders heiss diskutiert: der massive Anstieg der Inflation sowie die kräftig gestiegenen Zinsen. Beim Thema „Inflation“ wurden mit dem Ukraine-Krieg und der damit verbundenen Energiekrise sowie der coronabedingten Lieferkettenprobleme in erster Linie zwei Ursachen für den kräftigen Inflationsschub ausgemacht. Sowohl in den USA (9,1 Prozent) als auch in Deutschland (10,4 Prozent) kletterten die jährlichen Inflationsraten im Sommer auf den höchsten Stand seit mehreren Jahrzehnten.

Ein Sachverhalt wurde bei der Analyse der aktuellen Lage allerdings häufig ausser Acht gelassen: Die in den vergangenen Jahrzehnten explodierten Geldmengen und Schuldenberge gelten in der Volkswirtschaftslehre normalerweise ebenfalls als Inflationstreiber. Nachdem die wichtigsten Notenbanken der Welt die Inflationsgefahr in den ersten Monaten des Jahres eher kleingeredet haben, zeigen sie sich mittlerweile sehr besorgt und werden nicht müde, ihren Kampf gegen die beschleunigte Geldentwertung zu betonen. So hat zum Beispiel die US-Notenbank Fed im Rekordtempo die Leitzinsen seit März um 400 Basispunkte nach oben geschraubt. Nun darf man gespannt sein, ob dies die Inflation in Richtung des Wunschwerts von zwei Prozent drücken wird und wie stark die Wirtschaft unter den stark gestiegenen Finanzierungskosten zu leiden hat.

Turbulenzen an den Terminmärkten

Ausgebremst wurde der Goldpreis aber auch durch eine heftige Verkaufswelle an den Terminmärkten. So brach zum Beispiel im Jahresverlauf sowohl bei Grossspekulanten (Non-Commercials) als auch bei Kleinspekulanten (Non-Reportables) deren Netto-Long-Position (mehrheitlich optimistisch gestimmt) in der Spitze um mehr als 75 Prozent ein. Solche enormen Verwerfungen wirken sich in der Regel stark negativ auf den Goldpreis aus. In den vergangenen beiden Monaten drehte die Stimmung der Terminmarktprofis allerdings wieder nach oben, was den Krisenschutz deutlich verteuert hat. Trotz des jüngsten Stimmungsumschwungs ist der aktuelle Optimismus von seinem vergleichbaren Vorjahreswert aber noch meilenweit entfernt. Gemessen daran, besteht stimmungstechnisch noch erhebliches Nachholpotenzial und somit für den Goldpreis markantes Aufwärtspotenzial.

In einem anderen wichtigen Marktsegment herrschte in diesem Jahr auch relativ schlechte Laune. Der ETF-Sektor verzeichnete nämlich per Saldo starke Abflüsse, die vor allem in den Regionen Nordamerika (minus 81,4 Tonnen) und Asien (minus 21,7 Tonnen) zu beobachten waren. Zwar summierten sich die weltweiten Goldzuflüsse von Januar bis April zunächst auf über 319 Tonnen, weil von Mai bis November jedoch Abflüsse zwischen 28,5 Tonnen (Juni) und 95,6 Tonnen (September) registriert wurden, sind 2022 mittlerweile 82,7 Tonnen Gold aus ETFs abgeflossen. Auch dieser Sachverhalt dürfte die diesjährige Goldperformance spürbar belastet haben.

Boomende Nachfrage bei Barren & Münzen

Relativ robust entwickelte sich in diesem Jahr die globale Nachfrage bei Barren & Münzen. Laut World Gold Council stellte sich in den ersten drei Quartalen gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode ein Anstieg von 835,0 auf 853,3 Tonnen (+2,2 Prozent) ein. Interessant dabei: Im Zeitraum Januar bis Ende September flossen über 131 Tonnen Gold in Form von Barren und Münzen nach Deutschland. Dies stellte weltweit in diesem Marktsegment die zweithöchste Nachfrage dar. Lediglich China mit einer Bevölkerung von über einer Milliarde Menschen verspürte mit 156,9 Tonnen einen noch stärkeren Appetit auf Goldbarren bzw. -münzen.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, sagt: „In diesem Jahr hat mich die gewaltige globale Nachfrage nach physischer Ware in Form von Münzen und Barren am meisten überrascht. Nach den ersten Lockdowns war Knappheit angesichts zerschlagener Lieferketten und Logistikproblemen ja noch nachvollziehbar – aber dass uns dies praktisch noch das ganze Jahr 2022 begleiten wird, hätte ich so nicht erwartet.“ Da dieses Jahr Flugzeuge nach dem Frühjahr wieder planmässig geflogen seien und viele Produzenten wegen der anhaltend hohen Nachfrage einen Zweischichtbetrieb eingeführt hätten, standen die Zeichen eher auf Normalisierung. In der Folge blieben laut Hartmann die Aufgelder im historischen Vergleich dennoch überhöht, da sich viele Händler natürlich bei den Produzenten, zugleich aber auch am Zweitmarkt bei anderen Händlern weltweit (zu teils deutlich höheren Kursen) eindecken mussten, um das Geschäft mit eigenen Kunden aufrechterhalten zu können.

Starkes Geschäftsjahr für pro aurum

Robert Hartmann geht davon aus, dass pro aurum – mit Blick auf den Umsatz – im Geschäftsjahr 2022 einen Rekordumsatz erzielen wird. Hauptverantwortlich für diese positive Entwicklung waren vor allem die deutlich gestiegenen Umsätze mit europäischen und amerikanischen Edelmetallhändlern sowie anderen institutionellen Kunden wie beispielsweise unseren Partnerbanken. Ausserdem merkt er an, dass auch im Privatkundengeschäft heuer eine Steigerung gegenüber den Vorjahren zu erwarten ist. Ausserdem sagt er: „Die Margen sind vor Kosten gestiegen. Das hat im Wesentlichen damit zu tun, dass auch wir bei anderen Händlern zu höheren Kursen einkaufen mussten, um unsere Kunden Münzen und Barren anbieten zu können.“ Zugleich weist der Edelmetallexperte auf deutlich höhere Logistikkosten und Zinskosten hin. Diese harten Kosten müsse man über eine erhöhte Marge an unsere Kunden weitergeben. um weiterhin profitabel zu bleiben.

Bildquelle: https://istockphoto.com


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