Angela Inselkammer aus dem oberbayerischen Aying ist mit Leib und Seele Familienunternehmerin. Zusammen mit ihrer Familie betreibt sie in siebter Generation den Brauereigasthof Hotel Aying sowie die Brauerei Aying. Ausserdem fungiert sie als Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga Bayern). Uns gab sie in einem Interview einen tiefen und hochinteressanten Einblick in die Besonderheiten der Branche.

Frau Inselkammer, wir leben seit Jahren im Krisenmodus. Was halten Sie von der häufig zu hörenden These, dass in jeder Krise auch eine Chance steckt?

Angela Inselkammer: Was die Hotellerie und Gastronomie seit Pandemieausbruch erlebt haben, war vor allem eines – eine existenzielle Krise, die sich vor Corona niemand hat vorstellen können. Zuvor war unsere Branche davon überzeugt gewesen, dass wir unanfechtbar sind. Dass wir von staatlicher Seite einfach so abgestellt wurden, hat uns einerseits sehr schockiert. Andererseits war der Krise tatsächlich aber auch Positives abzugewinnen. Erstens: Die Menschen haben während dieser Krise nämlich erkannt, wie wichtig unsere Branche für die Lebensqualität ist. Das Geniessen, Zusammenkommen und Feiern wurden nicht mehr als Selbstverständlichkeiten betrachtet, sondern bewusster wahrgenommen. Zweitens: Wir als Branche haben sehr eng mit der bayerischen Staatsregierung zusammengearbeitet, wodurch das gegenseitige Vertrauen gestärkt wurde. Ausserdem haben viele Betriebe den Lockdown dazu genutzt, um Renovierungen und Weiterbildungsmassnahmen durchzuführen sowie die Unternehmensstrategie neu auszurichten, und sie haben sich darauf besonnen, was sie besonders gut können.

Gastronomie und Hotellerie spüren seit Längerem aus vielen Richtungen erheblichen Gegenwind. Welcher Bereich bereitet der Branche gegenwärtig die grössten Probleme – der Personalmangel, die Bürokratie oder die Kostenexplosion bei Energie und Nahrungsmitteln?

Die explosive Mischung verschiedener Krisen war das besonders grosse Problem, zugleich kam es nach den Lockdowns zu einer grossen Nachfrage, die viele Betriebe aufgrund der abgewanderten Aushilfskräfte gar nicht befriedigen konnten. Aushilfen sind aber gerade für unsere Branche existenziell wichtig, um die Nachfrage, insbesondere an Wochenenden und in den Abendstunden, zu bewältigen. Gott sei Dank haben diese Engpässe in den vergangenen Monaten wieder spürbar nachgelassen. Zudem mussten wir uns – wie alle Branchen – dem Problem stellen, dass viele Beschäftigte in Rente gingen und diese aufgrund des demografischen Wandels schwer zu ersetzen waren. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich dieser Personalmangel durch den Abbau bürokratischer Hürden bei der Zuwanderung von Arbeitskräften relativ einfach verbessern liesse. Apropos Bürokratie – Sie können hinhören, wo Sie wollen –, überall ist sie ist eine Katastrophe und trifft sämtliche Branchen gleichermassen. Sie würgt viele Geschäftsideen regelrecht ab. Und auch die Kostenexplosion ist ungeheuerlich und führt zu einer starken Verunsicherung der Entscheidungsträger. In diesem Bereich besteht seitens der Politik akuter Handlungsbedarf.

Haben Sie ein Rezept oder Tipps parat, wie sich Wirte und Hoteliers unter diesen widrigen Rahmenbedingungen erfolgreich behaupten können?

Unsere Branche zeichnet sich durch ihre Vielfalt und tolle Unternehmer mit gut funktionierenden Konzepten und Ideen aus. Einen Punkt halte ich aber für extrem wichtig: Wir müssen uns stärker professionalisieren. Das betrifft vor allem betriebswirtschaftliche Aspekte wie zum Beispiel Kalkulationen und das ernsthafte Hinterfragen der aktuellen Geschäftskonzepte und -strategien, was einem niemand abnehmen kann.

Spüren Sie aktuell eine Zurückhaltung unter den Konsumenten oder nach dem Ende der Pandemie sogar weiterhin Nachholbedarf?

Wir spüren unter unseren Gästen immer noch eine grosse Freude an der Gastronomie, auch Hotelaufenthalte werden wieder stark nachgefragt. Ich glaube, dass sie weiterhin erleichtert sind, dass sie das Leben wieder geniessen können. Wir alle wissen zwar nicht, was noch alles auf uns zukommt, aber im Moment sind die allgemeine Gefühlslage und die Stimmung innerhalb der Branche noch positiv zu beurteilen.

Als Präsidentin des bayerischen Gastronomieverbands haben Sie sicherlich viele politische Anliegen zur Verbesserung der aktuellen Lage von Gasthäusern und Hotels. Stossen Sie unter den politischen Entscheidungsträger damit auf Verständnis oder eher auf taube Ohren?

Hier in Bayern können wir über unser Verhältnis zur Politik nicht klagen, aber ich weiss aus zahlreichen Gesprächen, dass in anderen Teilen Deutschlands dem nicht so ist. Uns wird von der bayerischen Staatsregierung klar gesagt, was nicht verhandelbar ist, und wir versuchen, die Politik mit guten Argumenten zu versorgen. Diese sollen dann dazu führen, dass gute Entscheidungen getroffen werden.

Wie gelingt es Ihnen, Unternehmensführung, Verbandsarbeit und Familie angemessen miteinander zu vereinbaren?

Deutschland lebt bekanntlich von seinen Familienunternehmen. Deren Verantwortliche engagieren sich häufig auch in diversen Ehrenämtern. Innerhalb unseres Verbands gibt es die ungeschriebene Regel: Zuerst kommt die Familie, dann der eigene Betrieb und danach der Verband. Diese Prioritäten gelten auch in meinem Fall. Ich selbst erfahre zudem sehr viel Rückendeckung und Unterstützung aus der eigenen Familie, in der die Zuständigkeiten für die verschiedenen Unternehmenssparten bestens verteilt und aufgehoben sind.

Sie verfügen über eine jahrzehntelange Erfahrung in der Hotel-, Restaurant- und Brauereibranche. Welches geschäftliche Standbein erweist sich gegenwärtig als besonders robust und welchem Segment trauen Sie in den kommenden Jahren besonders viel zu?

Grundsätzlich finde ich es wichtig, dass man geschäftlich nicht auf einem, sondern auf mindestens auf zwei Beinen steht. Manchmal geht es dem einen Bereich besser und manchmal dem anderen, aber insgesamt bin ich davon überzeugt, dass wir uns in einer Branche bewegen, welche die Menschen immer benötigen werden. Dies haben wir während der Pandemie auf jeden Fall erkannt. Als Unternehmer muss man meiner Meinung nach stets flexibel sein und auf neue Entwicklungen reagieren und die daraus sich ergebenden Chancen nutzen.

Gehen Sie davon aus, dass Urlaub in Deutschland bzw. Bayern in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen wird oder befürchten Sie möglicherweise ein Comeback der Fernreisen?

Bayern ist ein hochattraktives Urlaubsland, das, ausser dem Meer, allen Menschen das bietet, was sie suchen – und das in einer Qualität und Vielzahl, wie es nur auf ganz wenige Regionen in der Welt zutrifft. Da überdies auch die bayerische Gastfreundschaft über die Grenzen hinaus bekannt ist, habe ich überhaupt keine Bedenken. Ausserdem glaube ich, dass Deutschland-Urlauber unter anderem das schnelle Zurechtfinden am Urlaubsort als zusätzlichen Vorteil honorieren. Es wird zwar immer Menschen geben, die es im Urlaub in die Ferne zieht, aber ich denke, dass wir da gut mithalten können. Denn in der Gastronomie und Hotellerie werden menschliche Faktoren wie Gastlichkeit, Freundlichkeit und Herzlichkeit besonders grossgeschrieben, was in unserem Haus durch die hohe Zahl an treuen Stammkunden zum Ausdruck kommt, zu denen wir fast schon ein familiäres Verhältnis pflegen. Das ist das Wunderbare an unserer Branche.

Zu guter Letzt noch eine ganz private Frage: Wie halten Sie es eigentlich – losgelöst von den diversen Unternehmensbeteiligungen – mit der ‚ganz normalen Geldanlage‘?

Grundsätzlich halte ich es für extrem wichtig, dass sich jeder Unternehmer privat absichert. Ich persönlich versuche, mich möglichst breit aufzustellen und in Aktien sowie in Gold zu investieren. Für mich hat in diesem Punkt vor allem eines höchste Priorität: Diversifikation.


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