Im Juni droht dem Goldpreis der zweite Monatsverlust in Folge. Nachdem im Mai ein Minus von 1,4 Prozent zu Buche schlug, rutschte das gelbe Edelmetall im Juni bislang um 2,8 Prozent ab. Mit plus 4,5 Prozent fiel die Performance seit dem Jahreswechsel (Stand:28.06.23) dennoch recht positiv aus.

Zins- und Rezessionsängste belasten

Robert Hartmann, der Mitgründer von pro aurum, führt die jüngste Goldpreisschwäche auf den starken Zinsanstieg in den USA und Europa zurück. Die Realzinsen – also der Nominalzins abzüglich der Inflation – seien dadurch in den vergangenen zwölf Monaten etwas weniger negativ geworden, was den Goldpreis belastet habe. Der erfahrene Edelmetallprofi sagt: „Die Korrektur kann sich meines Erachtens kurzfristig noch etwas fortsetzen. Mittel- bis langfristig sollten sich die aktuellen Kursrückgänge jedoch als gute Kaufgelegenheiten erweisen.“ Hartmann rechnet nämlich mit weiteren Phasen steigender Inflationsraten bei gleichzeitig rezessiven Volkswirtschaften und konstatiert: „Am Ende werden die Notenbanken wieder in die Presche springen und die Zinsen nicht auf die Niveaus erhöhen, die eigentlich zur Bekämpfung der Inflation notwendig wären.“ Mit Blick auf die Performance des Silberpreises zeigt er sich überrascht und sagt: „Ich hätte nicht gedacht, dass man das Edelmetall wieder zu Preisen um 22 Dollar pro Feinunze kaufen kann. Das aktuelle Gold/Silber-Ratio von knapp 84 ist im historischen Vergleich viel zu hoch.“

Im Juni haben wichtige Notenbanken westlicher Industrienationen ihre Leitzinsen weiter nach oben geschraubt. Dies war zum Beispiel in Australien (+25 Basispunkte), Kanada (+25 Basispunkte) sowie im Vereinigten Königreich (+50 Basispunkte) und in der Eurozone (+25 Basispunkte) der Fall. Die US-Notenbank legte hingegen nach zehn Zinserhöhungen in Folge Mitte Juni eine Zinspause ein und beliess die Fed Funds bei 5,0 bis 5,25 Prozent. Nachdem in den Wochen zuvor eine Zinswende nach unten für möglich gehalten wurde, löste sich diese Hoffnung mittlerweile wieder in Luft auf. Laut FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group wird derzeit eine Wahrscheinlichkeit von 77 Prozent angezeigt, dass am 26. Juli eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte erfolgen wird. Aus psychologischer Sicht mindern steigende Zinsen die Attraktivität eines Goldkaufs, schliesslich bietet die altbewährte Krisenwährung – im Gegensatz zu Anleihen oder Aktien – weder Zinsen noch Dividenden. Wer Gold besitzt, muss den Nachteil der sogenannten Opportunitätskosten hinnehmen. Sie ergeben sich aus dem notwendigen Zinsverzicht.

Aus den folgenden Gründen könnte es sich dabei aber um eine sogenannte „Milchmädchenrechnung“ handeln. Erstens: In der aktuellen Marktlage fallen die gebotenen Zinsen von Staatsanleihen guter Bonität geringer als Inflation aus, so dass der Besitz dieser Anlageklasse mit einem Kaufkraftverlust verbunden ist. Zweitens: Anleihen werden bei Fälligkeit in der Regel zu 100 Prozent ihres Nennwerts zurückgezahlt, wodurch das Gewinnpotenzial nach oben begrenzt wird. Bei anderen Anlageklassen wie zum Beispiel Aktien, Edelmetalle, Rohstoffe, Kryptowährungen, usw. ist dies nicht der Fall. Drittens: Bei jeder Anleihe existiert grundsätzlich ein Kontrahentenrisiko, was in einem Worst-Case-Szenario (z.B. Staatspleite) zu einem Totalverlust führen kann.

Wachsende Schuldenberge und Geldmengen in Kombination mit einem schwachen Wirtschaftswachstum oder gar einer Rezession sind ein Marktumfeld, das eher gegen die langfristige Werthaltigkeit von Dollars und Euros spricht. Und das Risiko einer Rezession hat im Juni eher zu- als abgenommen, schliesslich hat insbesondere Chinas Wirtschaft nach dem Ende der Corona-Lockdowns eindeutig enttäuscht. Die chinesische Notenbank nahm dies zum Anlass und senkte ihre Leitzinsen im Juni um zehn Basispunkte. Für die deutsche Wirtschaft rechnet das Ifo-Institut laut einer aktuellen Prognose für 2023 mit einem Rückgang des Bruttosozialprodukts um 0,4 Prozent und für das nächste Jahr mit einem Plus von 1,5 Prozent. Mit Blick auf die jährliche Inflationsrate prognostizieren die Experten des Instituts für das laufende Jahr einen Rückgang von 6,9 auf 5,8 Prozent und für 2024 sogar einen Sinkflug auf 2,1 Prozent. Mit diesem Optimismus kann selbst die EZB nicht mithalten. Auf ihrer Sitzung stellte EZB-Chefin Christine Lagarde für 2024 eine durchschnittliche Teuerungsrate von 3,0 Prozent und für 2025 einen Wert von 2,3 Prozent in Aussicht.

Edelmetallexperte Robert Hartmann rechnet übrigens mit anhaltend hohen Kaufkraftverlusten und sagt: „Sieht man sich die jüngsten Tarifabschlüsse an, so ist davon auszugehen, dass die Inflationsrate auch nächstes Jahr nicht kleiner wird. Erst recht, wenn sich die Energiepreise wieder erholen, wovon ich ausgehe. Das fundamentale Umfeld für eine weitere positive Entwicklung des Goldpreises ist also völlig intakt.“

Aktuelle Forsa-Umfrage zu Geld und Gold

Anfang des Monats hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag von pro aurum die 13. Ausgabe einer repräsentativen Umfrage zu den Themen Geldanlage und Gold durchgeführt. Im Rahmen von computergestützten Telefoninterviews wurden den Umfrageteilnehmern insgesamt drei Fragen gestellt.

  1. Welcher Geldanlage wird bei einer Laufzeit von mindestens drei Jahren gegenwärtig der höchste Gewinn zugetraut?
    28 Prozent der Befragten trauten dem Goldpreis das höchste Gewinnpotenzial zu. Mit 29 Prozent wurden lediglich „Aktien“ einen Tick häufiger genannt.
  2. Welche Geldanlagen besitzen die Befragten derzeit?
    Zwar haben sich gegenüber dem Vorjahr die Besitzquoten bei Goldbarren bzw. -münzen (von 11 auf 12 Prozent), bei Silberbarren bzw. -münzen (von 4 auf 5 Prozent) sowie bei Papierinvestments in Gold bzw. Silber (von 12 auf 14 Prozent) erhöht, deutlich stärkere Zuwächse verzeichneten jedoch Tagesgeldkonten, Festgeld bzw. Termingelder und Aktien.
  3. Wie beurteilen die Befragten vier vorgegebene Statements zum Thema Gold?
    Einen besonders hohen Zuspruch erfuhren die beiden Statements „Gold ist eine gute Ergänzung zu anderen Geldanlagen“ (75 Prozent) und „Gold ist eine sichere Geldanlage“ (74 Prozent). Etwas geringer fiel die Zustimmung hinsichtlich der Thesen „Gold ist eine geeignete Geldanlage für risikoscheue Anleger“ (63 Prozent) und „Gold ist zurzeit eine lohnende Anlage, weil die Kurse steigen werden“ (50 Prozent) aus.

Das Ergebnis der Umfrage lässt als Quintessenz vor allem einen Schluss zu: Der Kauf von Gold macht trotz der deutlich gestiegenen Zinsen weiterhin Sinn.

Juni: Handel verläuft in ruhigen Bahnen

Der Handel von Edelmetallen bei pro aurum ist im Juni – verglichen mit den Vorjahren – ruhiger verlaufen. Das liegt im Wesentlichen daran, dass Anleger bei den Banken wieder etwas mehr Habenzinsen bekommen. Der Anlagenotstand bzw. der Druck zum Preisrisiko hat bei den Geldanlegern im Moment spürbar abgenommen. Pro aurum hat diese Phase genutzt und die Lager wieder aufgefüllt, da die Produzenten auch wieder vermehrt vollumfänglich Lieferkapazitäten haben. Als umsatzstärkste Gattungen erwiesen sich bei Gold die 100-Gramm-Unzenbarren sowie Krügerrand-Goldunzen. Das Interesse an physischem Silber ist nach den Umsatzsteuererhöhungen zu Jahresbeginn weiterhin gedämpft.

Hinsichtlich der weiteren Perspektiven wagt Robert Hartmann folgenden Ausblick und sagt: „Solange die Notenbanken bei den Leitzinsen auf dem Gaspedal stehen, sind neue Rekordhochs beim Gold unwahrscheinlich. Erst wenn die Zentralbanken beginnen, der Rezession mehr Augenmerk zu schenken als der Inflation, wird es mit dem gelben Edelmetall wieder substanziell nach oben gehen.“

Negativ wären seiner Meinung nach starke Zinserhöhungen in Europa und den USA. Im Umkehrschluss wären somit Zinssenkungen bzw. eine Neuauflage des Quantitative Easing aufgrund starker Rezessionen ein „Geschenk für die Goldfans“. Allerdings sollte man die Geopolitik auch nicht ganz ausser Acht lassen – wenngleich dies so gut wie unberechenbar ist. Der Krieg in der Ukraine sowie das Säbelrasseln zwischen China und den USA könnten zumindest kurzfristig Einfluss auf den Kursverlauf der Edelmetalle nehmen.

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

An der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum beteiligten sich im Juni insgesamt 1.824 Personen (Mai: 809 Teilnehmer). Mehr als die Hälfte der Befragten nehmen derzeit eine abwartende Haltung ein. Ihr Anteil hat sich gegenüber dem Vormonat von 47,5 auf 56,9 Prozent kräftig erhöht. Bei der Quote der Kaufwilligen gab es im Berichtszeitraum hingegen ein Minus von 44,6 auf 38,5 Prozent zu beobachten. Spürbar nachgelassen hat auch die Verkaufsbereitschaft, wo ein Rückgang von 7,9 auf 4,6 Prozent registriert worden war.

Goldreport 06/23: Dreieinhalbmonatstief wegen Zinsängsten

Hinsichtlich der Einschätzung der aktuellen Edelmetallpreise sieht nach wie vor eine grosse Mehrheit eine Unterbewertung, allerdings hat sich deren Anteil von 69,1 auf 55,0 Prozent signifikant reduziert. Als fair bewertet werden Gold & Co. von 27,5 Prozent der Anleger eingestuft. Zur Erinnerung: Im Mai lag dieser Wert bei lediglich 19,7 Prozent. Massiv an Zuspruch gewonnen hat aber auch die Meinung, dass die aktuellen Edelmetallpreise als überbewertet einzustufen sind, was sich an der von 11,2 auf 17,5 Prozent gestiegenen Quote ablesen lässt.

Goldreport 06/23: Dreieinhalbmonatstief wegen Zinsängsten

Mit Blick auf die Frage nach der weiteren Preisentwicklung der Edelmetalle in den kommenden drei Monaten war im Juni ein relativ ausgewogenes Meinungsbild registriert worden. Am stärksten war einmal mehr die Ansicht vertreten, dass wir einen Seitwärtstrend sehen werden. Hier stellte sich gegenüber dem Vormonat allerdings ein Rückgang von 48,2 auf 42,2 Prozent ein. Nachgelassen hat aber auch der Anteil der Optimisten. Steigende Notierungen erwarten mittlerweile 34,8 Prozent der Befragten, nachdem vor einem Monat hier noch ein Wert 39,2 Prozent gemeldet worden war. Bei der Erwartung sinkender Preise war im Juni eine ausgesprochen starke Veränderung zu beobachten. Hier schlug nämlich ein kräftiger Zuwachs von 12,6 auf 23,0 Prozent zu Buche.

Goldreport 06/23: Dreieinhalbmonatstief wegen Zinsängsten

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