In diesem Jahr hängt der Goldpreis am Tropf der zu erwartenden Geldpolitik der US-Notenbank Fed. Nach zwei Monatsverlusten in Folge, drehte das gelbe Edelmetall wieder nach oben erzielte im Juli eine Wertsteigerung von bislang 2,9 Prozent (Stand: 27.07.23).

Aktuelles Zinsumfeld bereitet weniger Sorgen

Derzeit kann man an den Märkten folgenden Reflex ausmachen: Schwächer als erwartete Konjunkturdaten oder niedriger als prognostizierte Teuerungsraten helfen dem altbewährten Inflationsschutz nach oben. Letzteres mag auf den ersten Blick zwar paradox erscheinen, nachgebende Inflationsraten werden in der gegenwärtigen Marktphase allerdings dahingehend interpretiert, dass sich die US-Notenbanker in Zukunft für eine weniger restriktive Geldpolitik entscheiden könnten. Zinserhöhungen werden dann unwahrscheinlicher und verursachen im Gegenzug unter Goldbesitzern geringere Opportunitätskosten, die durch den Zinsverzicht zwangsläufig anfallen.

Nach dem am Mittwoch erfolgten Anheben der US-Leitzinsen um 25 Basispunkte stehen die Chancen auf eine Zinspause relativ gut. Darauf deutet zumindest das FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group hin. Derzeit beläuft sich nämlich die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed-Funds Ende des Jahres weiterhin bei 525 bis 550 Basispunkte liegen werden auf über 62 Prozent, während für steigende bzw. fallende US-Leitzinsen Wahrscheinlichkeiten von fast 29 bzw. 8,5 Prozent ausgewiesen werden. Besonders interessant: Mit Blick auf Ende 2024 gelten rückläufige Zinsen als ausgemachte Sache und für Zinssenkungen zwischen 25 bis 225 Basispunkte wird sogar eine Wahrscheinlichkeit von nahezu 100 Prozent angezeigt.

Zurückhaltung in China und Indien

Die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt stehen für ungefähr die Hälfte der globalen physischen Goldnachfrage. Deren Goldkäufer gelten als ausgesprochen preissensitiv. Das heisst: Bei steigenden Goldpreisen lässt das Kaufinteresse nach und bei fallenden Preisen zieht sie in der Regel wieder an. Derzeit kostet Gold in chinesischen Yuan bzw. indischen Rupien so viel wie nie zuvor. Den Chinesen verdirbt aber nicht nur der hohe Preis die Kauflaune, auch die schwache Entwicklung der chinesischen Wirtschaft bremst die Goldnachfrage spürbar aus.

Das indische Wirtschaftswachstum fällt derzeit zwar um einige Prozentpunkte üppiger als in China aus, weil in den Sommermonaten weniger Hochzeiten als in den Herbst- und Wintermonaten stattfinden, bewegt sich Indiens Goldnachfrage derzeit jedoch ebenfalls auf gedrücktem Niveau, zumal in dem aufstrebenden Schwellenland beim Goldkauf eine Umsatzsteuer in Höhe von drei Prozent sowie eine Importsteuer von 15 Prozent den Goldappetit zügeln.

Diese starke Preissensitivität dürfte ein wichtiger Grund für die relativ geringe Volatilität (Kursschwankungsintensität) sein. Mit aktuell 12,1 Prozent weist der von der Chicago Board Options Exchange ermittelte Goldvolatilitätsindex ein geringeres Auf und Ab als der Volatilitätsindex VIX, der sich auf den breit diversifizierten S&P-500-Index bezieht. Dieser weist aktuell nämlich einen Wert von 13,2 Prozent aus.

Grosse Terminspekulanten in Kauflaune

Der Goldhandel war im Juli sehr stark von den Terminmärkten geprägt. So hat sich zum Beispiel die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), die das allgemeine Interesse an Gold-Futures zum Ausdruck bringt, seit Ende Juni von 431.900 auf 482.100 Kontrakte (+11,6 Prozent) stark erhöht. Massives Kaufinteresse war vor allem unter grossen Terminspekulanten (Non-Commercials) auszumachen. Sie haben nämlich ihre Netto-Long-Position (mehrheitlich optimistisch gestimmt) innerhalb von vier Wochen von 151.900 auf 193.350 Futures (+27,3 Prozent) nach oben geschraubt und waren somit für den signifikanten Monatsgewinn des Goldpreises hauptverantwortlich.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, merkt an, dass bei kurzfristiger Betrachtungsweise die Futures-Börsen derzeit die Hoheit bei der Preisfindung am Goldmarkt haben. Mittel- bis langfristig sorge eine stabile Nachfrage nach physischem Gold dafür, dass Preisbewegungen an den Papierbörsen nachvollziehbar werden. Er sagt: „In den vergangenen Wochen und Monaten ist es um den Goldpreis relativ ruhig geworden. In den Finanzmedien diskutiert man über die Rekordhochs an der Wall Street und dem DAX – kaum jemand spricht über die Edelmetalle im Allgemeinen und Gold im Besonderen.“ Edelmetallprofi Hartmann weist darauf hin, dass sich das gelbe Edelmetall trotzdem recht gut behauptet hat und bemerkt: „Aktuell liegt der Preis der Feinunze Gold nur knapp fünf Prozent unter den Höchstständen des vergangenen Jahres – das beeindruckt mich wirklich.“

Spürbar ausgebremst wurde der Krisenschutz allerdingst von der Entwicklung im globalen ETF-Sektor. Nachdem im Juni bei dieser Form von Papiergold Goldabflüsse in Höhe von 55,9 Tonnen zu beklagen waren, belief sich in den ersten drei Juliwochen das Abgabeinteresse der ETF-Investoren auf bislang 17,4 Tonnen. Offensichtlich bevorzugen Geldanleger – trotz der bestehenden Rezessionsrisiken – Investments in Aktien und vernachlässigen die altbewährte Krisenwährung Gold. Die aktuellen Prognosen des IWF zur Entwicklung der Konjunktur fiel vor allem für Deutschland enttäuschend aus. Während für die anderen G7-Staaten die Wachstumsprognosen nach oben revidiert wurden, haben die IWF-Analysten ihre Schätzungen für die deutsche Wirtschaft gegenüber ihrer Schätzung im April von minus 0,1 auf minus 0,3 Prozent reduziert. Mit Blick auf die weltweite Inflation rechnet der IWF mit einem Rückgang der jährlichen Teuerungsraten von 8,7 Prozent (2023) auf 6,8 Prozent (2023) bzw. 5,2 Prozent (2024).

Für Edelmetallexperte Robert Hartmann ist die Schwäche der deutschen Wirtschaft wenig verwunderlich, schliesslich hat die Politik hierzulande die Rahmenbedingungen für Unternehmen massiv verschlechtert. Viele Unternehmen wandern ab – einige denken darüber nach. Die weltweit höchsten Stromkosten führen dazu, dass Firmen, die im globalen Wettbewerb stehen, einfach keine Gewinne mehr erwirtschaften können und deshalb auswandern. Nach den zahlreichen Zinserhöhungen der EZB kostet der Zinsdienst für aufgenommene Schulden immer mehr. Daher ist damit zu rechnen, dass das Insolvenzgeschehen deutschlandweit an Dynamik zulegen wird. Die USA stehen besser da, weil sich die dortige Politik für Unternehmen einsetzt. Geringere Steuern und Milliardensubventionen sichern nicht nur den eigenen Standort, sondern locken vor allem Kapital und Unternehmen aus vielen Ländern an. Der Goldpreis wird laut Robert Hartmann unabhängig davon kontinuierlich aufwerten, solange an den Anleihemärkten die realen Renditen negativ bleiben.

Juli: Weiterhin ruhiger Geschäftsverlauf

Nicht nur in den Medien sondern auch in den Filialen von pro aurum ist es in den vergangenen Wochen mit Blick auf den Edelmetallhandel spürbar ruhiger geworden. Nachdem die Banken (zumindest nominal) wieder Zinsen für das Ersparte anbieten, atmeten viele Anleger erst einmal durch und lehnten sich zurück. Robert Hartmann sieht darin kein Problem und sagt: „Dies wird sich meiner Überzeugung nach wieder ändern, sobald die Inflation wegen Zweitrundeneffekten und/oder einer Lohn-/Preisspirale wieder Fahrt aufnehmen wird.“ Neben den Unzenmünzen „Krügerrand“ und „Philharmoniker“ waren bei Gold im Juli auch Barren in den Gewichtseinheiten von 50 Gramm und 100 Gramm stark gefragt. Bei Silber kauften die Anleger vor allem die Unzenmünzen „Maple Leaf“ und „Krügerrand“. Edelmetallprofi Hartmann macht sich um Gold & Co. keine Sorgen und sagt: „Langfristig bleibt Gold für mich ein Kauf, insbesondere an kursschwachen Tagen. Ich bin der Überzeugung, dass wir in den nächsten zwei bis drei Jahre deutlich höhere Preise sehen werden.“

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

Im Juli beteiligten sich 1.104 Personen an der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum, während im Monat zuvor die Zahl der Umfrageteilnehmer bei 1.824 lag. Nach wie vor nehmen mehr als die Hälfte aller Befragten derzeit eine abwartende Haltung ein, wobei sich ihr Anteil gegenüber dem Vormonat von 56,9 auf 51,6 Prozent reduziert hat. Unter den Kaufwilligen war hingegen ein Zuwachs von 38,5 auf 44,0 Prozent registriert worden. Als nahezu unverändert kann man mit 4,4 Prozent die gegenwärtige Verkaufsbereitschaft der Anleger (Juni: 4,6 Prozent) einordnen.

Goldreport 07/23: Steigender Goldpreis trotz hoher Zinsen

Mit Blick auf die aktuelle Einschätzung der Edelmetallpreise betrachtet weiterhin eine grosse Mehrheit Gold & Co. als unterbewertet. Ihr Anteil hat sich im Berichtszeitraum von 55,0 auf 57,4 Prozent erhöht. Eine faire Bewertung sehen derzeit 32,2 Prozent der Befragten (Vormonat: 27,5 Prozent). Die Ansicht, dass die aktuellen Edelmetallpreise überbewertet seien, hat im Juli deutlich an Zuspruch verloren und verzeichnete einen markanten Rückgang von 17,5 auf 10,4 Prozent.

Goldreport 07/23: Steigender Goldpreis trotz hoher Zinsen

Hinsichtlich der Frage nach der weiteren Preisentwicklung der Edelmetalle in den kommenden drei Monaten hat sich im Juli die Einschätzung der Befragten deutlich verändert. So hat sich zum Beispiel der Anteil der Optimisten signifikant erhöht. Nachdem im Juni 34,8 Prozent der Geldanleger steigende Notierungen prognostiziert hatten, kletterte dieser Wert nun auf 48,2 Prozent. Am zweitstärksten war die Meinung vertreten, dass wir einen Seitwärtstrend sehen werden. Hier stellte sich gegenüber dem Vormonat jedoch ein Minus von 42,2 auf 39,8 Prozent ein. Deutlich bergab ging es mit der Erwartung sinkender Preise, wo gegenüber dem Vormonat ein massiver Rückgang von 23,0 auf 12,0 Prozent zu Buche schlug.

Goldreport 07/23: Steigender Goldpreis trotz hoher Zinsen

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Bildquelle: www.istockphoto.com


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