Mit Blick auf die Entwicklung der Weissmetalle, Silber, Platin und Palladium kann man eine Zwei-Klassen-Gesellschaft ausmachen. Während sich Silber in diesem Jahr bislang um 22 Prozent verteuert hat, rutschte Platin und Palladium um 4,5 bzw. 16 Prozent ab.

Automobilindustrie – wichtiger „Influencer“

Damit stellte sich bei Platin und Palladium – wie im Jahr zuvor – eine erhebliche Underperformance gegenüber Silber ein. Im Jahr 2024 erhöhte sich diese bei Platin auf über 26 Prozentpunkte (2023: 12 Prozentpunkte), während bei Palladium ein Anstieg von 33 auf 38 Prozentpunkte registriert wurde. Hauptverantwortlich für diese gegensätzliche Entwicklung war wieder einmal die Entwicklung des Automobilsektors, der die beiden Schwestermetalle Platin und Palladium tendenziell belastet und Silber eher verteuert hat. Obwohl die Researchfirma S&P Global Mobility der Automobilindustrie mit Blick auf das Jahr 2024 die Attribute innovativ, widerstandsfähig und anpassungsfähig zugestanden hat, darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass insbesondere Fahrzeuge mit konventionellen Motoren vor massiven Herausforderungen stehen, schliesslich gelten sie als ausgesprochen klimaschädliches Fortbewegungsmittel. Auf der anderen Seite verzeichnen Elektrofahrzeuge sowie der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) oder der Trend zum autonomen Fahren ein starkes Wachstum, was in der Vergangenheit zu einer verstärkten Silbernachfrage einherging.

Das von der Europäischen Union beschlossene Gesetz, dass ab 2035 in der EU nur noch Neuwagen zugelassen werden dürfen, die keine CO₂-Emissionen verursachen, war in den vergangenen Jahren mitverantwortlich für die miserable Performance von Platin und Palladium. Denn diese beiden Weissmetalle werden vor allem zum Bau von Abgaskatalysatoren benötigt. Platin kommt verstärkt bei Dieselfahrzeugen zum Einsatz, während Palladium bei der Abgasreinigung von „Benzinern“ bevorzugt verwendet wird. Weil die Automobilbranche bei Palladium als mit Abstand wichtigste Nachfragegruppe gilt, geriet das Weissmetall besonders stark „unter die Räder“. Zur Erinnerung: Seit Februar 2022 vollzog der Palladiumpreis eine rasante Talfahrt und ermässigte sich seither von rund 3.000 Dollar auf aktuell 926 Dollar. Zeitweise rutschte das Edelmetall sogar auf den niedrigsten Wert seit über sieben Jahren.

Hohe Volatilität bei Weissmetallen

In diesem Jahr wies der Silberpreis dank seiner starken Performance mit 59 Prozent die mit Abstand breiteste Tradingrange aus. Bei Platin (28 Prozent) und Palladium (43 Prozent) fiel die Spanne zwischen Jahreshoch und Jahrestief um einiges niedriger aus. Die Kursschwankungsintensität (Volatilität) fällt bei den Weissmetallen Silber, Platin und Palladium erfahrungsgemäss deutlich heftiger als bei Gold aus – so auch in diesem Jahr. Auf Basis der vergangenen 250 Tage wird für Palladium mit 49 Prozent die mit Abstand höchste Volatilität ausgewiesen, gefolgt von Silber (37 Prozent) und Platin (32 Prozent). Beim „sicheren Hafen“ Gold fiel die Risikokennzahl mit 19 Prozent relativ moderat aus – eine Krisenwährung mit geringen Kursausschlägen und einer starken Jahresperformance, was will man mehr?

Die aktuellen Volatilitäten lassen sich aus Anlegersicht folgendermassen interpretieren: Ein Goldinvestment birgt aus finanzmathematischer Sicht derzeit die geringste Verlustgefahr, während ein Investment in Palladium aufgrund der vielfach höheren Vola als signifikant riskanter anzusehen ist. Weissmetalle dürften aber auch aus einem anderen Grund schwankungsfälliger und somit riskanter sein als Gold, schliesslich gilt deren Handel als relativ illiquide. Dies lässt sich besonders gut beim Handel mit physisch hinterlegten ETFs bzw. Futures erkennen. An den Terminmärkten kann man den enormen Grössenunterschied vor allem an der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) ablesen. Am 17. Dezember übertraf der aus den Gold-Futures abgeleitete Marktwert, das Marktsegment Silber-Futures um den Faktor 5,4 und bei Platin- und Palladium-Future sogar um den Faktor 13,5 bzw. 77. Deshalb wirken sich grosse Kauf- oder Verkaufsaufträge auf die Preise für Weissmetalle deutlich stärker aus als bei Gold. Institutionelle Investoren bevorzugen auch aus diesem Grund das weltweit angesehenste Edelmetall Gold.

Silberstreif am Platinmarkt?

Der World Platinum Investment Council (WPIC) wies bei der Veröffentlichung aktueller Marktdaten zur Entwicklung im dritten Quartal (Quelle: Metals Focus) auf einige Sachverhalte hin, die zuversichtlich stimmen. Für das kommende Jahr rechnen die Analysten von Metals Focus mit einem Defizit von 539.000 Feinunzen, nachdem die Nachfrage in den beiden Vorjahren das Angebot um 682.000 (2023) bzw. 759.000 Unzen (2022) übertroffen hatte und lediglich aufgrund der massiven Reduktion der gelagerten Platinbestände dem Preis nicht in höhere Regionen verholfen hat. Ausserdem sei 2025 in den Marktsegmenten Automobil, Schmuck und Investments mit einer anziehenden Nachfrage um jeweils zwei Prozent p.a. zu rechnen, während das Interesse im Industriesektor vor allem durch einen regelrechten Nachfrageeinbruch in der Glasindustrie stark nachlassen dürfte. Dort wird nämlich ein Einbruch der Nachfrage um 57 Prozent auf 286.000 Unzen prognostiziert, während in den Bereichen Chemie, Erdöl und Wasserstoff Zuwächse im zweistelligen Prozentbereich erwartet werden.

Bei der für das Jahr 2025 geschätzten Gesamtnachfrage von 7,863 Millionen Feinunzen sollen mehr als 41 Prozent auf den Automobilsektor, über 25 Prozent auf das Schmucksegment, ungefähr 28 Prozent auf den Industriebereich und lediglich 5,3 Prozent auf den Investmentsektor entfallen. Dies zeigt auf, dass das Edelmetall als stark konjunkturabhängig anzusehen ist – vor allem mit Blick auf die Herstellung von Abgaskatalysatoren.

Palladium – am Tropf der Autoindustrie?

Beim Edelmetall fällt die Abhängigkeit von der Entwicklung der Automobilindustrie deutlich höher aus. Die Analysten von Heraeus Precious Metals taxieren diese auf mehr als 80 Prozent. Wichtig zu wissen: Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verlieren seit Jahren Marktanteile an Elektrofahrzeuge. Ausserdem wächst die Bedeutung sogenannter Tri-Metall-Benzin-Autokatalysatoren, bei denen Palladium teilweise durch Platin ersetzt wird. Obwohl die Heraeus-Analysten für 2025 steigende Verkäufe von Neufahrzeugen erwarten, gehen sie davon, dass der Marktanteil der Elektrofahrzeuge schneller wachsen wird als das Gesamtmarktwachstum. Dies wirft kein gutes Licht auf die künftige Palladiumnachfrage. Der Preis könnte daher weiter unter Druck bleiben. Deshalb prognostizieren die Edelmetallexperten von Heraeus beim Palladiumpreis für das kommende Jahr eine Bandbreite zwischen 800 bis 1.200 Dollar je Feinunze aktuell: 920 Dollar), während bei Platin eine etwas höhere Tradingrange von 850 bis 1.220 Dollar erwartet wird. Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, attestiert Weissmetallen für 2025 ein hohes Mass an Spannung. Insbesondere Platin und Palladium attestiert er gegenüber den monetären Edelmetallen Gold und Silber einen „riesigen Nachholbedarf“.

Silber – Weissmetall kann 2024 glänzen

Das Weissmetall Silber wird in den Finanzmedien gern als „kleiner Bruder von Gold“ bezeichnet, was dessen starke Korrelation zum Ausdruck bringen soll. Das heisst: Geht es mit dem Goldpreis nach oben (unten), folgt ihm der „kleine Bruder“. Phasenweise wies Silber für 2024 sogar eine höhere Performance als Gold auf – unmittelbar vor dem Jahreswechsel hat das gelbe Edelmetall allerdings wieder „die Nase vorn“. Auch in diesem Jahr konnte das mit Abstand günstigste und vielseitigste Edelmetall, keine Hebelwirkung gegenüber Gold erzielen. Dies war zuletzt im Jahr 2021 der Fall, als der Goldpreis um 3,5 Prozent und der Silberpreis um 11,5 Prozent (Hebel von 3,3) nachgaben. Im Jahr zuvor verteuerte sich Gold um 24,6 Prozent, während Silber um 47,5 Prozent (Hebel von 1,9) zulegte.

Beim Vergleich von Silber mit Platin bzw. Palladium sollten sich Investoren stets über die folgenden Besonderheiten und Unterschiede bewusst sein. Wie Gold kann man Silber zwar als monetäres Edelmetall mit langer Historie einordnen, in vielen Industrien wird es aber vor allem aufgrund seiner vorteilhaften Eigenschaften stark nachgefragt. Ungefähr die Hälfte der Nachfrage stammt aus verschiedenen Industriebereichen, während die andere Hälfte dem Investmentsektor zuordnen lässt. Ausserdem sind Silbervorkommen weniger selten als bei Platin und Palladium, was sich auch an der um ein Vielfaches höheren Minenfördermenge von 25.600 Tonnen (2023) ablesen lässt. Im selben Zeitraum fielen die Fördermengen bei Platin (174 Tonnen) und Palladium (210 Tonnen) deutlich niedriger aus.

Silber gilt als Multi-Talent

Silber weist gegenüber Platin und Palladium zwei besonders gewichtige Vorteile aus. Erstens: In unsicheren Zeiten stufen Investoren das Edelmetall aufgrund seines nicht vorhandenen Kontrahentenrisikos und seiner altbewährten Funktion als sicherer Hafen als besonders attraktive Geldanlage ein. Zweitens: In diversen Industriebereichen gilt Silber dank seiner elektrischen und thermischen Leitfähigkeit, seines Reflexionsvermögens und seiner antibakteriellen Eigenschaften als extrem nützlich. Deshalb spielt Silber in den folgenden Branchen eine wichtige Rolle als Industriemetall: Solarsektor, Medizin & Gesundheit, Chemie, Batterietechnologie, Glas- und Keramikindustrie, Wasseraufbereitung sowie Elektronik und Elektrotechnik.

Während der Automobilsektor bei Platin und Palladium aufgrund der oben beschriebenen Problematik bei Abgaskatalysatoren eher als Bremsklotz fungiert, profitiert Silber von der fortschreitenden Elektromobilität und der verstärkten Technologisierung bei Fahrzeugen. Laut Silver Institute ist der durchschnittliche Silberverbrauch bei PKWs mit Verbrennungsmotor in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. In Hybridfahrzeugen fällt der Silberverbrauch noch höher aus und wird lediglich von batterieelektrischen Fahrzeugen übertroffen. Mit dem Übergang zu autonomen Fahrtechnologien, der zunehmenden Elektrifizierung und dem verstärkten Einsatz moderner Technologien wie z.B. Infotainment-Systeme, Navigationssysteme, elektrische Servolenkung sowie wichtige Sicherheitsmerkmale wie Airbag-Auslösesysteme, automatisches Bremsen, Sicherheitssysteme sowie Überwachung der Fahreraufmerksamkeit wird in der Automobilindustrie auf lange Sicht ein weiterer Anstieg des weltweiten Silberbedarfs erwartet.

Silber – modern und zugleich traditionell

Silber verbindet wie kein anderes Edelmetall die beiden Attribute „modern“ und „traditionell“. In der Vergangenheit spielte es schon immer in den Bereichen Schmuck, Medizin und als Wertspeicher eine wichtige Rolle. An Bedeutung stark verloren hat Silber lediglich in der analogen Fotografie, wo die lichtempfindlichen Eigenschaften von Silber zur Erzeugung von Bildern genutzt wurden. Dieses Segment versank aufgrund des Siegeszugs der digitalen Fotografie fast schon in der Bedeutungslosigkeit. Neben der Elektromobilität erfreut sich Silber aber auch in anderen Zukunftsbranchen wie Wasseraufbereitung, Photovoltaik, Solarthermie und Nanotechnologie einer wachsenden Bedeutung.

Die Analysten von Heraeus gehen davon aus, dass sich Silber im nächsten Jahr noch besser entwickeln wird als Gold. Trotz der diesjährigen Rallye sei Silber im historischen Vergleich mit Gold immer noch unterbewertet. Silber würde dazu neigen, Gold in den späteren Phasen von Bullenmärkten zu übertreffen. Die Experten von Heraeus rechnen 2025 bei Silber mit einer Preisspanne zwischen 28 bis 40 Dollar. Besonders interessant: Sollte die Prognose aufgehen, würde Silber nach wie vor unter seinem 2011 markierten Allzeithoch notieren. Damals musste man nämlich für eine Feinunze rund 50 Dollar bezahlen.

Bildnachweis: Olivier Le Moal
File#: 128990891
Bildquelle: istockphoto.com


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