Wirtschaft, Zölle, Zinsen und Gold: Ein Gespräch mit dem Kapitalmarktstrategen Robert Halver

Herr Halver, Ende Mai hat Donald Trump Zölle in Höhe von 50 Prozent für Waren aus der EU angedroht, kurz darauf deren Einführung auf den 9. Juli verschoben. Hätten Sie mit einem solchen Ausmass an Chaos gerechnet?

Dieses politische Chaos ist typisch für das aktuelle Amerika – so unberechenbar hat man es in den letzten 70 Jahren nie erlebt. Trump nutzt solche Ankündigungen strategisch, um seine Gegner unter Druck zu setzen. Doch seine Macht ist auch begrenzt: Die USA sind abhängig von internationalen Kapitalgebern und Rohstoffimporten – nicht zuletzt aus Europa und China. Wenn er zu hart durchgreift, riskiert er wirtschaftliche Probleme im eigenen Land. Dass Trump zwar droht, aber nicht konsequent handelt, hat den Märkten zuletzt aber wieder Stabilität gegeben. Und Europa beginnt, seine wirtschaftliche Eigenständigkeit zu stärken. Wenn jetzt noch strukturelle Reformen folgen, könnte das zu einer neuen Stärke führen. Diese Unsicherheit in den USA spiegelt sich übrigens auch im Anleihemarkt wider – die Renditen dort liegen deutlich höher als in Deutschland.

Trotz Zollstreit hält sich der Deutsche Aktienindex ziemlich robust. Welche Gründe machen Sie dafür aus – und sehen Sie weiterhin Aufholpotenzial für den DAX?

Der DAX zeigt sich erstaunlich widerstandsfähig – auch weil die Anleger erkennen, dass viele Drohungen Trumps eben nur Rhetorik sind. Ausserdem fliesst vermehrt Kapital nach Europa, gerade weil die Lage in den USA angespannt ist. Die zweite Reihe, also MDAX und SDAX, nehmen auch Fahrt auf und bieten grosses Potenzial, nicht zuletzt mit Blick auf das deutsche Infrastrukturpaket. Aber noch mal: Wichtig ist, dass Reformimpulse in Europa nicht wieder versanden.

Gehen Sie davon aus, dass die EZB die Konjunktur mit weiteren Zinssenkungen stützt?

Ja, die EZB ist klar im Zinssenkungsmodus. Der starke Euro dämpft die importierte Inflation, die Energiepreise sind moderat – da hat die EZB Spielraum. Zinssenkungen entlasten den Mittelstand bei der Finanzierung und erhöhen die Attraktivität von Aktien, weil Alternativen fehlen. Im Vergleich zur US-Notenbank ist die EZB derzeit flexibler.

Mit Aktien konnten Anleger in den vergangenen Jahren echte Traumrenditen einfahren. Zuletzt mussten aber auch Rücksetzer verkraftet werden. Was ist Ihr Rat an Privatanleger in solch turbulenten Zeiten?

Aktien sind kein Sparbuch – sie schwanken. Aber sie bleiben die beste langfristige Anlageform. Gerade US-Hightech-Werte zeigen, dass auch nach Rückschlägen schnelle Erholungen möglich sind. Wer regelmässig investiert und Schwankungen aussitzt, wird langfristig belohnt. Auch Trump wird seine Politik nicht in den Abgrund führen, denn letztlich ist auch er auf wirtschaftlichen Erfolg angewiesen. Mein Rat: mit ruhiger Hand investieren, auch regelmässig, um günstige Durchschnittskosten zu erzielen.

Viele Anleger haben realisiert, dass sie sich mit ETFs auf den MSCI World ein gewisses Klumpenrisiko einkaufen – mehr als 70 Prozent des Kapitals stecken nämlich in amerikanischen Unternehmen. Wie bewerten Sie solche ETFs derzeit?

MSCI-World-ETFs sind besser als gar keine Geldanlage – vor allem, wenn die Alternative Geldwerte wie Sparbücher und Festgelder sind. Da frisst die Inflation alles weg. Dennoch stimmt es: Die US-Dominanz ist deutlich. Gerade Tech-Werte sind stark gewichtet, was zwar chancenreich, aber auch riskant sein kann. Ich empfehle daher eine breitere Streuung: etwa eine Beimischung europäischer ETFs. Wichtig ist es, sich der Zusammensetzung bewusst zu sein – und nicht blind in ein Weltportfolio zu investieren, das in Wirklichkeit stark US-lastig ist.

Der Goldpreis nähert sich allmählich wieder seinem Rekordhoch von rund 3.500 US-Dollar an. Hat Sie der Höhenflug des Edelmetalls in den vergangenen Monaten überrascht?

Nein – das überrascht mich nicht. Gold profitiert von geopolitischer Unsicherheit, strukturellen Schwächen der Weltwirtschaft und von Investoren, die Sicherheit suchen. Viele Staaten kaufen massiv Gold zu. Gleichzeitig wird das Vertrauen in Fiat-Währungen zunehmend infrage gestellt. Und das Schöne an Gold: Es kommt ohne Gegenpartei-Risiko aus. Für mich ist Gold weiterhin ein zentraler Baustein jeder langfristigen Vermögenssicherung. Und es wird unter Schwankungen weiter steigen.

Bildquelle: Robert Halver


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