In diesem Jahr gab es an den Finanzmärkten vor allem zwei besonders heiss diskutierte Themen: Corona und Inflation. Letztere übertraf die Konsenserwartungen der Analysten recht deutlich und kletterte auf den höchsten Stand seit Jahrzehnten.

Was ist nur an der „Inflationsfront“ los?

Sowohl dies- als auch jenseits des Atlantiks haben Dollar und Euro in diesem Jahr ausserordentlich stark an Kaufkraft verloren. So haben sich zum Beispiel in den USA die Konsumentenpreise seit Ende 2020 von 1,4 auf 6,8 Prozent p. a. verteuert, während bei den Erzeugerpreisen sogar eine Vervielfachung von 0,8 auf 9,6 Prozent p. a. zu beobachten war. In der Eurozone stellte sich im selben Zeitraum bei der Inflationsrate ein Zuwachs von minus 0,3 auf plus 4,9 Prozent p. a. ein und bei den europäischen Erzeugerpreisen fiel der Preisanstieg von minus 1,1 auf plus 21,9 Prozent p. a. besonders heftig aus, was vor allem auf die coronabedingten Lieferkettenprobleme zurückzuführen war. In der Finanzwelt wird in diesem Zusammenhang stets von einer sogenannten „Flaschenhals-Inflation“ gesprochen.

Wie bei jeder Krise der vergangenen Jahrzehnte griffen die US-Notenbank Fed sowie die Europäische Zentralbank auf ein altbekanntes Mittel zurück: Sie fluteten die Märkte mit Liquidität in Form von niedrigsten Zinsen und massiven Anleihekäufen. In den vergangenen 25 Jahren sind die in Umlauf gebrachten Geldmengen und die Bilanzsummen der Notenbanken förmlich explodiert. Besonders interessant: Während das Bruttoinlandsprodukt der USA seit 1995 um 160 Prozent angestiegen ist, war bei der Geldmenge M1 eine Verzehnfachung auf 20 Billionen Dollar registriert worden. In der Eurozone sieht das Zahlenwerk ähnlich desolat aus. Hier war beim Bruttoinlandsprodukt innerhalb von 25 Jahren ein Anstieg um 76 Prozent und bei der Geldmenge M1 ungefähr eine Versiebenfachung registriert worden. Weil die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes aber relativ gering war und die Liquidität in erster Linie gehortet wurde, fiel die Inflation in den vergangenen Jahren relativ moderat aus. Dies hat sich mittlerweile aber deutlich geändert.

Der starke Anstieg der Inflation im Jahr 2021 war sicherlich durch die coronabedingten Verwerfungen begünstigt worden. Während der weltweiten Lockdowns wurden nämlich in vielen Branchen die Produktionskapazitäten massiv zurückgefahren, was dann im Zuge der massiven konjunkturellen Erholung zu erheblichen Lieferengpässen geführt hat. Doch diese betrafen nicht nur den Energiesektor, Industriemetalle und Lebensmittel, sondern auch andere Produktionsstätten wie Minen und Chiphersteller. Als Preistreiber erwiesen sich zudem steigende Preise für Schiffscontainer und die Frachtraten auf wichtigen Handelsrouten.

Fed kündigt Wende in der Geldpolitik an

Nachdem wichtige Notenbanken wie die Fed und die EZB die deutlich gestiegene Inflation monatelang als temporäres Phänomen eingestuft haben, rückte mittlerweile vor allem die US-Notenbank von dieser Sichtweise ab. Mit dem bereits eingeleiteten Zurückfahren der Anleihekäufe und der Ankündigung, bei der Einschätzung der Inflation das Wort „vorübergehend“ nicht mehr zu verwenden, kommt diese „homöopathische Wende“ in der US-Geldpolitik zum Ausdruck. Auf der Fed-Sitzung Mitte Dezember wurde ein Ende der Anleihekäufe für März und insgesamt drei Zinserhöhungen à 25 Basispunkte für das Jahr 2022 in Aussicht gestellt. Das FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group zeigt derzeit eine Wahrscheinlichkeit von über 61 Prozent an, dass wir bereits Anfang Mai höhere Zinsen als heute sehen werden. Mit Blick auf die für Mitte Juni anberaumte Fed-Sitzung wird sogar ein Wert von mehr als 84 Prozent ausgewiesen.

Aus folgenden Gründen dürfte die Zinswende die grundsätzliche Attraktivität des Inflationsschutzes Gold allenfalls „vorübergehend“ belasten. Erstens: Die Renditen von Triple-A-Staatsanleihen werden höchstwahrscheinlich auch in Zukunft die Inflationsrate signifikant unterschreiten und somit negative Realzinsen nach sich ziehen. In solchen Marktphasen gilt das gelbe Edelmetall erfahrungsgemäss als besonders wirksamer Vermögensschutz. Zweitens: Eine angemessene Erhöhung der Leitzinsen kann sich weder die Fed noch die EZB leisten, weil diese bei zahlreichen Staaten die Schuldentragfähigkeit sowie die Refinanzierung der exorbitant gestiegenen Schuldenberge gefährden würde.

Während Notenbanken negative Realzinsen als bequemen Weg zum Weginflationieren von Schulden ansehen, fürchtet sich die deutsche Bevölkerung vor steigenden Preisen deutlich stärker. Dies insbesondere aus historischen Gründen, schliesslich gab es in den vergangenen Jahrhunderten mehrere Währungsreformen zu beklagen, die nicht alle so glimpflich verlaufen sind wie jene anlässlich der deutschen Einheit und der Einführung des Euro. Heute gilt es zwischen zwei Leidensformen der Inflation zu unterscheiden. Weniger vermögende Bürger sorgen sich aufgrund stark steigender Preise um die Lebensqualität, da sie in der Regel über keine nennenswerten Rücklagen zum Kompensieren der Teuerung verfügen. „Besser betuchte“ Bürger sorgen sich nicht nur um steigende Lebenshaltungskosten, sondern ausserdem um den Kaufkrafterhalt ihres Vermögens.

Robert Hartmann prognostiziert für 2022 Inflation von 4,1 Prozent

Für Robert Hartmann, den Mitgründer von pro aurum, liegt die eigentliche Ursache für den diesjährigen Inflationsschub in der massiven Geldmengenausweitung der Zentralbanken sowie deren Nullzinspolitik. Er sagt: „Corona war lediglich der Auslöser, der die Inflation in die Realwirtschaft gebracht und dort für enorme Preissteigerungen gesorgt hat.“ Für ihn sei lediglich offen gewesen, wann die Inflation anspringen und was am Ende der Auslöser sein würde, schliesslich habe sich das Inflationspotenzial über zehn Jahre aufgestaut. Er glaubt nicht an einen sonderlich starken Rückgang der Inflation und sagt: „Ich gehe davon aus, dass die Inflationsrate im Dezember 2022 bei 4,1 Prozent p. a. liegen wird.“

Der erfahrene Edelmetallexperte weist zudem darauf hin, dass sich die Notenbanken durch ihr Handeln schon seit geraumer Zeit in eine Falle begeben haben, aus der es wohl kein Entrinnen gibt. Er meint: „Aufgrund der ausgeuferten Staatsverschuldung praktisch aller EU-Mitgliedsstaaten wird es nicht möglich sein, die Zinsen substanziell zu erhöhen. Der Realzins — also der Zins abzüglich der Inflationsrate — wird daher noch lange negativ bleiben.“ Und diese negativen Realzinsen seien für das mittel- bis langfristige Überleben der Schuldner aber zwingend erforderlich. Das Motto lautet: Die Schulden von heute werden mit dem schlechten Geld (geringere Kaufkraft) von morgen zurückbezahlt, schliesslich sei es in der Geschichte schon immer so gewesen. Hartmann konstatiert: „Die Rechnung bezahlen müssen Sparer und Menschen, die ohnehin über wenig Mittel verfügen. Sie treffen die hohen Inflationsraten und die damit verbundenen Preissteigerungen am härtesten.“ Für Robert Hartmann ist klar, dass die Notenbanken mit ihren Beschwichtigungen Zeit gewinnen möchten. Je länger nichts bei den Zinsen passiert, umso besser für die Schuldner.

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