Seit über einem Monat blickt die Welt gebannt und schockiert in die Ukraine, wo der russische Angriffskrieg kein Ende findet. Auch Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt für die Netfonds AG, zeigt sich im Gespräch mit pro aurum TV entsetzt: „Mich hat die geopolitische Entwicklung überrascht. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass es zu einer militärischen Operation oder sogar zu einem Krieg kommen würde“, stellt Hellmeyer klar.

Der Analyst erklärt im Interview mit pro aurum TV, dass der Krieg zwischen Russland und der Ukraine aus Investment-Sicht viele zusätzliche Dynamiken freigesetzt habe, die nun auf die Weltwirtschaft wirken. Er befürchtet, dass auch die ökonomischen Folgen des Krieges auf Europa völlig unterschätzt werden. Folker Hellmeyer warnt davor, den Krieg als isolierten Konflikt zu betrachten. Dabei findet nach Einschätzung des Finanzmarktexperten gerade eine erneute Teilung der Welt zwischen Russland und dem Westen statt. „Das hat massive Folgen für die Versorgungssicherheit Westeuropas“, warnt Hellmeyer. Denn dadurch würden globale Investitionen gehemmt.

Mit Blick auf die Aktienmärkte mahnt Folker Hellmeyer jedoch zur Gelassenheit. Er gehe nicht davon aus, dass es zu einem Dritten Weltkrieg komme, der auch die Finanzmärkte in den Abgrund reißen würde. Folker Hellmeyer erwartet stattdessen, dass sich die Weltwirtschaft in zwei bis drei Zentren aufteilen werde — mit entsprechend divergierender Wirtschaftsentwicklung. Als besonders gut aufgestellt bewertet Hellmeyer den chinesischen Markt, nicht nur im Hinblick auf den Zugang zu Rohstoffen, sondern auch auf die exzellente Infrastruktur. Der grösste Verlierer ist dagegen die Ukraine: „Es ist eine Katastrophe für das Land“, beklagt Folker Hellmeyer. Auch Russland sei angeschlagen, könne sich aber auf seine Rohstoffreserven verlassen. Das Nachsehen hätten zudem viele Unternehmen in Westeuropa.

Im Gespräch mit pro aurum TV analysiert Folker Hellmeyer auch die Inflationsentwicklung. Er erinnert daran, dass EZB-Chefin Christine Lagarde die Teuerungsrate als ein vorübergehendes Phänomen bezeichnet habe. Parallel ist die offiziell gemeldete Inflation immer weiter gestiegen und hat gerade erst einen neuen Rekordwert von 7,3 Prozent erreicht, Tendenz weiter steigend. Hellmeyer warnt allerdings, dass sich durch die Turbulenzen des Krieges gegen die Ukraine ein völlig anderes Inflationsbild zeige als zu Friedenszeiten — dementsprechend sei auch die Prognose der EZB kaum zu halten. Folker Hellmeyer spricht in diesem Zusammenhang von einem Inflationsdilemma: Die Notenbanken könnten die Leitzinsen so weit erhöhen, wie sie wollten — die Rohstoffpreise würden dadurch jedoch nicht beeinflusst. Und es seien derzeit vor allem die Rohstoffpreise, die auf die Inflation einwirkten.

Im Hinblick auf mögliche Erhöhungen der Leitzinsen geht Folker Hellmeyer davon aus, dass die US-Notenbank Fed in diesem Jahr deutlich aggressiver als ihr europäischer Konterpart bei der Zinswende vorgehen werde. Dadurch werde die EZB zum Handeln gezwungen und die Zinsschraube anziehen, um Verwerfungen an den Devisenmärkten zu vermeiden und eine weitere Abwertung des Euro zu verhindern. Hellmeyer geht deshalb davon aus, dass die Europäische Zentralbank in der zweiten Jahreshälfte deutlich aggressiver als ursprünglich erwartet bei der Zinspolitik vorgehen werde.

Die aktuellen geopolitischen Unsicherheiten haben zweifelsohne auch Auswirkungen auf den Goldpreis. In Euro hat Gold nach dem Ausbruch des russischen Krieges gegen die Ukraine ein neues Allzeithoch erreicht und steht weiterhin auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Folker Hellmeyer spricht allerdings Klartext: Aus seiner Sicht haben Gold und Silber als Inflationsschutz unterdurchschnittlich performt und müssten eigentlich deutlich höher stehen, werden aber an den Futures-Märkten gedrückt. Dies erstaunt sogar den erfahrenen Anlageexperten. Er plädiert weiterhin dazu, fünf bis zehn Prozent des liquiden Anlagevermögens in Gold zu investieren — und will in Anbetracht der geopolitischen Unsicherheiten seinen Bestand sogar noch ausbauen.

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