Der Goldpreis legte einen fulminanten Start ins neue Handelsjahr hin und hat sich im Januar bislang um mehr als sechs Prozent verteuert. Erstmals seit Mitte 2020 gelang dem Goldpreis fünf Mal in Folge einen Wochengewinn zu erzielen.

Ende der Zinserhöhungen in Sicht

Nachdem der Goldpreis im Vorjahr durch die massiven Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed deutlich ausgebremst wurde, profitierte er im Januar von der Hoffnung auf ein Ende der restriktiven US-Geldpolitik. Laut FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group wird derzeit zwar eine Wahrscheinlichkeit von über 98 Prozent angezeigt, dass am 1. Februar ein Zinsschritt um 25 Basispunkte erfolgen wird, dass Ende Dezember noch höhere Leitzinsen vorherrschen werden, gilt aber eher als unwahrscheinlich (12,3 Prozent). Damit würde ein potenzieller Belastungsfaktor für den Goldpreis entfallen. Grundsätzlich sollte man aber auch nicht vergessen, dass nach dem massiven Anstieg der Zinsen im vergangenen Jahr noch höhere Kreditkosten für viele Staaten, Unternehmen und Privathaushalte höchstwahrscheinlich gar nicht mehr finanzierbar wären.

Als besonders wichtig ist allerdings folgende Frage zu sehen: Werden wir auch 2023 eine Inflation sehen, die höher als die Anleiherenditen ausfallen und dadurch zu negativen Realzinsen führen wird? Für das Jahr 2023 wird hinsichtlich der Inflation zwar mit einem signifikanten Rückgang gerechnet, dennoch dürfte die Teuerung weiterhin die Renditen von Anleihen guter Bonität übertreffen. Während solcher Marktphasen hat sich Gold in der Vergangenheit in der Regel gut entwickelt. Ausserdem gilt Gold seit mehr als zweitausend Jahren – unabhängig vom jeweiligen Marktumfeld – als ausgesprochen wirksamer Inflationsschutz.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, weist darauf hin, dass sich der Goldpreis aktuell wirklich sehr robust zeigt. Ausserdem würden mehrere Analysten und Marktteilnehmer eine bevorstehende Korrektur prognostizieren. Nach einem Anstieg um über 300 Dollar pro Feinunze oder umgerechnet 18 Prozent seit November 2022 wäre dies für ihn keine grosse Überraschung. Er sagt: „Die Zinssorgen haben sich in der Tat mittlerweile verflüchtigt, aber es würde mich nicht wundern, wenn die Diskussion über das Tempo des Zinsanstiegs im Frühjahr wieder an Fahrt aufnimmt. EZB-Chefin Lagarde hat diesbezüglich die Marktteilnehmer vor Kurzem schon vorgewarnt.“

Angesichts einer Inflationsrate von acht bis neun Prozent gelten die Leitzinsen der EZB aktuell als viel zu niedrig, um die Inflation dauerhaft wieder in Richtung der Zielmarke von zwei Prozent zu bringen. Der Edelmetallprofi vermutet, dass neben der Zinspolitik der Notenbanken auch die Entwicklung des Ukraine-Konflikts und des US-Dollars gegenüber dem Euro eine wichtige Rolle bei der Preisfindung am Goldmarkt spielen werden. Hartmann meint: „Der Euro hat zum US-Dollar in den vergangenen Wochen über 10 Prozent an Wert gewonnen. Auch hier ist ein ‚Durchatmen‘ eigentlich überfällig.“

Terminmarktprofis weiterhin in Kauflaune

An den Terminmärkten dominieren bei Gold-Futures positive Trends das Geschehen. So hat laut aktuellem Commitments of Traders-Report der US-Aufsichtsbehörde CFTC im Januar die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) von 440.000 auf 491.800 Futures (+11,8 Prozent) deutlich erhöht und damit den höchsten Stand seit Mitte November erreicht. Besonders interessant: Sowohl grosse als auch kleine Terminspekulanten wetten seit Wochen verstärkt auf einen steigenden Goldpreis. Seit Ende Dezember haben zum Beispiel Grossspekulanten (Non-Commercials) ihre Netto-Long-Position (mehrheitlich optimistisch gestimmt) von 136.900 auf 153.200 Kontrakte (+11,9 Prozent) aufgestockt. Im selben Zeitraum war bei Kleinspekulanten (Non-Reportables) ein Zuwachs der Netto-Long-Position von 16.900 auf 22.700 Futures (+34,3 Prozent) registriert worden. Noch optimistischer gestimmt waren diese beiden Gruppen von Marktakteuren letztmals Ende Juni.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass massive Transaktionen in die eine (long) oder andere (short) Richtung den Goldpreis stark beeinflussen können. Damit das gelbe Edelmetall in den kommenden Monaten keinen markanten Schwächeanfall erleidet, sollte sich die Stimmung der Terminmarktprofis möglichst nicht zu sehr verschlechtern.

Edelmetallexperte Hartmann geht davon aus, dass viele institutionelle Adressen ihre Portfolios nach dem doch sehr schwachen Börsenjahr 2022 zum Jahresende hin durch Verkäufe bereinigt haben. Des Weiteren meint er: „Angesichts des schnellen Anstiegs an fast allen Finanzmärkten in den ersten Tagen des neuen Jahres wurden viele Investoren offensichtlich auf dem falschen Fuss erwischt. Sie haben die Jahresanfangsrally verpasst dabei und warten nun auf Korrekturen, um sich wieder einzukaufen.“

Nachfrageflaute im ETF-Marktsegment

In der zweiten Januarwoche veröffentlichte der World Gold Council (WGC) eine Analyse zur Entwicklung des ETF-Marktsegments im Jahr 2022, welches durch zwei konträre Trends gekennzeichnet war. Von Januar bis April war aufgrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine erhebliches Kaufinteresse inklusive markanter Goldzuflüsse registriert worden. Innerhalb dieses Zeitraums flossen 305,1 Tonnen Gold in physisch hinterlegtes „Papiergold“. Im März hat eine regelrechte Kaufpanik die weltweit in ETFs enthaltenen Goldmengen sogar um 185,9 Tonnen erhöht.

Auf Gesamtjahressicht gab es vor allem in einer Region massive ETF-Verkäufe zu beobachten: Nordamerika. Die dort beheimateten Gold-ETFs haben nämlich insgesamt 74,6 Tonnen verloren, während in Asien und Europa der Verkaufsdruck weniger stark ausgeprägt war. Deren ETFs mussten Abflüsse von „lediglich“ 21,3 Tonnen bzw. 14,7 Tonnen hinnehmen. Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass „die Uhren nordamerikanischer Investoren anders ticken“. Offensichtlich scheinen sie – ungeachtet der zahlreichen Krisenherde geopolitischer, finanzpolitischer und wirtschaftlicher Art – an der Schutzfunktion von Gold nicht sonderlich stark interessiert zu sein. Ob diese Unbekümmertheit belohnt oder bestraft wird, dürfte sich allerdings erst in der Zukunft herausstellen.

Weil sich die US-Notenbank aufgrund der kräftig gestiegenen Inflation zu einer restriktiven Geldpolitik entschieden hat und ein militärischer Sieg Russlands immer unwahrscheinlicher geworden ist, folgte auf den Nachfrageboom für den Rest des Jahres Goldabflüsse in Höhe von 415,3 Tonnen. Allein im September war mit 102,7 Tonnen der höchste Abfluss des Jahres gemeldet worden. Auf Gesamtjahressicht stellten sich somit per Saldo Abflüsse im Volumen von etwas mehr als 110 Tonnen ein. Gut zu wissen: Mittlerweile hat der Verkaufsdruck im ETF-Sektor spürbar nachgelassen. In den ersten drei Januarwochen beliefen sich die Goldabflüsse auf „lediglich“ 16,1 Tonnen.

Januar: Verkaufsinteresse unserer Kunden steigt

Mit dem deutlich höheren Goldpreis ist auch die Verkaufsbereitschaft unserer Kundschaft gestiegen. Robert Hartmann weist darauf hin, dass sich im Januar das Orderaufkommen spürbar reduziert hat. So haben auch die Verkaufsorders der Kunden an pro aurum signifikant zugenommen. Mittlerweile sind zwei bis drei von zehn Aufträgen Verkaufsorders. Als meistgehandelte Artikel erwiesen sich die Ein-Unzen-Goldmünzen „Krügerrand“ und „Britannia“ sowie Goldbarren mit einem Gewicht von 100 Gramm. Ausserdem kam es nach der ab dem 1. Januar greifenden Erhöhung der Umsatzsteuer bei Silbermünzen zu einem deutlichen Rückgang der Nachfrage.

Hinsichtlich der weiteren Perspektiven des Goldpreises zeigt sich Robert Hartmann relativ zuversichtlich und sagt: „Ich glaube nicht, dass der Goldpreis sein Vorjahrestief bei 1.620 Dollar noch einmal testen wird. Aus charttechnischer Sicht sieht es für mich so aus, dass Kurse zwischen 1.750 und 1.800 Dollar zu langfristig orientierten Käufen genutzt werden sollten.“ Zugleich weist er darauf hin, dass erfahrene Goldinvestoren wissen, dass es beim gelben Edelmetall aber nur selten einen perfekten Einstieg gibt, da die tatsächliche Kursentwicklung die Marktteilnehmer sehr oft überrasche. Er meint jedoch: „Je länger die Feinunze oberhalb des Tops aus dem Jahr 2012 bei 1.920 Dollar verharrt, umso wahrscheinlicher ist ein weiterer direkter Anstieg Richtung Allzeithoch bei 2.070 Dollar.“

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

An der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum haben sich im Januar 594 Personen (Dezember: 1.032) beteiligt. Im Zuge des deutlich gestiegenen Goldpreises ging es mit der Quote der Kaufwilligen von 55,8 auf 43,4 Prozent signifikant bergab. Bei den Befragten, die gegenwärtig eher abwarten, war indes ein Zuwachs von 40,7 auf 48,5 Prozent registriert worden. Mit der Verkaufsbereitschaft der Anleger ging es ebenfalls signifikant nach oben. Ihre Quote hat sich nämlich von 3,5 auf 8,1 Prozent auf dem niedrigen Niveau mehr als verdoppelt.

Goldreport 01/23: Goldpreis mit fulminantem Jahresauftakt

Hinsichtlich der Einschätzung der aktuellen Edelmetallpreise hat sich überraschenderweise die Ansicht erneut verstärkt, dass Edelmetallpreise aktuell unterbewertet seien. Nachdem im Dezember 50,0 Prozent der Umfrageteilnehmer diese Meinung vertraten, fiel dieser Wert im Januar mit 53,2 Prozent etwas höher aus. Eine faire Bewertung sehen derzeit 38,3 Prozent der Anleger (Vormonat: 34,9 Prozent), während lediglich 8,5 Prozent der Befragten die derzeitigen Edelmetallpreise als überbewertet einstufen (Dezember: 15,1 Prozent).

Goldreport 01/23: Goldpreis mit fulminantem Jahresauftakt

Befragt nach der weiteren Preisentwicklung der Edelmetalle in den nächsten drei Monaten rechnet mittlerweile eine Mehrheit von 46,5 Prozent der Umfrageteilnehmer (Dezember: 37,0 Prozent) mit steigenden Notierungen. Am zweithäufigsten war die Meinung vertreten, dass die Edelmetallpreise seitwärts tendieren werden. Deren Quote hat sich allerdings von 48,0 auf 41,9 Prozent reduziert. Erneut bergab ging es mit dem Anteil derjenigen, die fallende Preise erwarten. Hier stellte sich gegenüber dem Vormonat ein Rückgang von 15,0 auf 11,6 Prozent ein.

Goldreport 01/23: Goldpreis mit fulminantem Jahresauftakt

Bildquelle: www.istockphoto.com


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