Völlig unerwartet sorgte der Zusammenbruch dreier US-Banken und die Fast-Pleite der schweizerischen Credit Suisse zu einem eindrucksvollen Comeback des Goldpreises.

„Sicherer Hafen“ Gold plötzlich wieder gefragt

Nach dem Kursverlust von über fünf Prozent im Februar verteuerte sich der Goldpreis im März um fast acht Prozent. Praktisch über Nacht erinnerten sich verunsicherte Anleger über einen besonders grossen Vorteil von Gold gegenüber Bankguthaben – das fehlende Kontrahentenrisiko. Die US-Banken Silvergate, Silicon Valley Bank und die Signature Bank sind gescheitert, weil ihre Kunden aufgrund existenzieller Schieflagen im grossen Stil ihre Gelder abgezogen hatten. Diese Schockwellen lösten dann bei den Aktien diverser Regionalbanken massive Kursverluste und selbst grosse US-Investmenthäuser wie JPMorgan Chase, Morgan Stanley und Goldman Sachs blieben von der Vertrauenskrise nicht verschont.

In Europa musste ebenfalls eine Bank vor dem Kollaps gerettet werden: die schweizerische Credit Suisse. Bereits seit Jahren fiel der ehemalige Musterschüler vor allem durch Skandale und hohe Verluste auf. Im März verzeichnete das Finanzinstitut an manchen Tagen Kapitalabflüsse in Höhe von zehn Milliarden Franken und musste deshalb Notkredite der Schweizer Nationalbank und danach sogar die Übernahme durch den Erzrivalen UBS akzeptieren. So richtig positiv wirkte sich die Übernahme bislang allerdings nicht aus, weder bei der Credit Suisse noch bei der UBS. So bewegt sich die Aktie der Credit Suisse weiterhin in der Nähe ihres Rekordtiefs.

Wie ernst die Lage derzeit ist, zeigten auch die temporären Verluste deutscher, europäischer und US-amerikanischer Aktienindizes, die in diesem Jahr in der Spitze Verluste zwischen 25 und 32 Prozent erlitten hatten, von denen sie sich mittlerweile aber wieder erholt haben. Ob es sich dabei um eine psychologische Überreaktion oder eine angemessene Herabstufung aufgrund geschäftlicher Probleme handelt, wird sich wohl erst in der Zukunft zeigen.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, stuft die Geschehnisse bei der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse als „eigentlich unglaublich“ ein und hinterfragt die Rolle der Bankenaufsicht und der Kontrollgremien, die man nach der Finanzkrise (2008/2009) ja angeblich aufgestockt und mit mehr Befugnissen ausgestattet hatte. Bekanntermassen haben die Manager der SVB Überschussliquidität in amerikanische Staatsanleihen investiert und (auf einmal?) festgestellt, dass der schnelle Zinsanstieg der amerikanischen Notenbank zu substanziellen Verlusten des Anleiheportfolios führte. Hartmann sagt: „Jeder Auszubildende einer Bank lernt, dass es am Derivatemarkt Instrumente zur Versicherung gegen einen Zinsanstieg gibt. Ja – diese Instrumente kosten natürlich auch eine Prämie, aber sicherlich nur einen Bruchteil des jetzt entstandenen Verlusts.“

Bankenkrise – Fragen über Fragen

Nun sollte man sich fragen, warum das Management nicht davon Gebrauch gemacht? Und mit Blick auf die Credit Suisse – warum hat die Schweizerische Nationalbank eine „Zwangshochzeit“ verordnet und somit eine schweizerische Institution mit einer Geschichte von mehr als 165 Jahren eliminiert? Warum geschah dies ohne gesetzliche Grundlage und ohne ein Votum der Aktionäre? Wie gross muss die Angst vor einer Ansteckung weiterer systemrelevanter Kreditinstitute gewesen sein, um so einen Schritt zu gehen?

Für Edelmetallprofi Hartmann ist daher eines völlig klar: Das Vertrauen in das aktuelle Finanzsystem ist stark beschädigt. Nachdem auch die Kosten für Kreditausfallversicherungen der Deutschen Bank sprunghaft angestiegen sind, scheinen seiner Meinung nach weitere Bankpleiten unvermeidbar. Er sagt: „Je öfter Verantwortliche die Situation beschwichtigen, umso kritischer ist wohl die Lage. Ein wirklich stabiles Finanzsystem mit starken Banken braucht keine verbale Unterstützung von Notenbankern und Politikern.“

Massive Kauflaune an den Terminmärkten

Die diesseits wie jenseits des Atlantiks schwelende Bankenkrise hat an den Terminmärkten bei Gold zu massivem Kaufinteresse unter den spekulativen Marktakteuren geführt. Nachdem „cybertechnische“ Probleme in den vergangenen Wochen das Veröffentlichen der aktuellen Marktstimmung verhindert hatten, sind in dem aktuellen Commitments of Traders-Report der US-Aufsichtsbehörde CFTC mittlerweile wieder die aktuellsten Transaktionen (Stand: 28.03.23) enthalten. Seit Ende Februar sind sowohl unter grossen als auch unter kleinen Terminspekulanten durch das Aufstocken der Long-Positionen und dem gleichzeitigen Zurückfahren der Short-Seite markante Wetten auf einen steigenden Goldpreis lanciert worden. Innerhalb dieses Zeitraums haben zum Beispiel Grossspekulanten (Non-Commercials) ihre Netto-Long-Position (mehrheitlich optimistisch gestimmt) von 108.600 auf 181.600 Futures (+67,2 Prozent) nach oben gefahren, während unter Kleinspekulanten (Non-Reportables) ein Zuwachs von 18.900 auf 19.900 Kontrakte (+5,3 Prozent) zu Buche schlug.

Doch nicht nur an den Terminmärkten herrschte reges Goldinteresse, auch im ETF-Sektor gab es massive Kapitalzuflüsse zu vermelden. So hat sich zum Beispiel seit dem Hochkochen der Bankenkrise allein beim weltgrössten Gold-ETF SPDR Gold Shares die gehaltene Goldmenge von 901,42 auf 928,02 Tonnen (Stand: 31. März) um 3,0 Prozent erhöht. Mittlerweile wurde sogar das Gewicht zum Jahresultimo in Höhe von 917,64 Tonnen signifikant übertroffen.

Für Robert Hartmann haben diese Käufe unter anderem den folgenden Grund: Nach diversen Gesetzesänderungen sind Sparer und Anleger, die Gelder auf Bankkonten halten, am Ende ja nur Gläubiger der Bank. Er erklärt: „Die Einlagensicherung greift – zumindest theoretisch – bei Beträgen bis zu 100.000 Euro pro Konto. Verlieren Anleger das Vertrauen in die Bank, so stellt sich die Frage, was mit den Beträgen über 100.000 Euro passiert?“ Hartmann geht davon aus, dass ein Teil davon sicherlich an den Finanzmärkten in Aktien, Anleihen oder eben auch in Edelmetalle investiert wird. Er zieht folgendes Fazit und sagt: „Ein sinkendes Vertrauen in die Stabilität der Kreditinstitute ist auf jeden Fall vorteilhaft für den Goldpreis.“

Bitcoin und Anleihen im März ebenfalls gefragt

Der Monat März war vor allem dadurch gekennzeichnet, dass praktisch über Nacht eine massive Verunsicherung der Investoren zu beobachten. Einen Kundenansturm auf Banken, wie wir ihn in den vergangenen Wochen in den USA gesehen haben, sollte auf keinen Fall ignoriert werden. Die extrem hohe Nervosität machte sich aber auch auf andere Weise bemerkbar. So hat sich zum Beispiel die Bonität zahlreicher Banken im Zuge der Bankenkrise empfindlich verschlechtert. Messbar wird dies u.a. durch sogenannte Credit Default Swaps, mit denen man Anleiheinvestments gegen Zahlungsausfälle des Schuldners absichern kann.

Während sich diese Versicherungsprämie bei Schuldverschreibungen der Bundesrepublik Deutschland auf 15,1 Basispunkte beläuft, müssen Investoren auf Anleihen der Credit Suisse (191,1 Punkte), Commerzbank (83,1 Punkte) oder Deutschen Bank (145,6 Punkte) deutlich tiefer in die Tasche greifen (Stand: 4. April). Kein Wunder, dass verunsicherte Investoren hierzulande im grossen Stil vor allem Bundesanleihen mit relativ geringem Ausfallrisiko gekauft haben. Profitiert hat aber auch die weltweit bedeutendste Kryptowährung: der Bitcoin. Er verzeichnete im März auf Dollarbasis ein ausgesprochen starkes Comeback und verteuerte sich um 23 Prozent.

Edelmetallexperte Hartmann mahnt bei der Analyse von Fluchtwährungen aber zur differenzierten Betrachtung und sagt: „Der Goldpreis notiert in Euro und anderen wichtigen Währungen derzeit in der Nähe der jeweiligen Allzeithochs. Für Goldbesitzer aus dem Euroraum hat sich die Krisenwährung seit dem Jahr 2000 um rund 600 Prozent verteuert und somit das gemacht, was sie soll: Kaufkraftverluste über die Zeit auszugleichen.“ Mit Blick auf den Bitcoin weist Hartmann darauf hin, dass dieser gegenwärtig ungefähr 50 Prozent unterhalb seines Allzeithochs notiert. Hinsichtlich der Volatilität von Gold – also dessen Kursschwankungsintensität – merkt er an, dass diese bei Gold deutlich niedriger als bei Bitcoin und anderen Kryptowährungen ausfällt und erklärt: „Dies bedeutet es steigt und fällt deutlich langsamer, was ein klarer Vorteil ist – insbesondere für konservative Anleger.“

März: Orderaufkommen zieht wieder an

Verglichen mit den Monaten Januar und Februar hat das Orderaufkommen im März wieder deutlich zugenommen. Interessant dabei: Immer mehr Kunden nutzen die hohen Goldkurse gegen Euro zum Abbau ihrer Positionen. Auf sieben Käufer kommen mittlerweile drei Verkäufer. Ausserdem nehmen die Aufträge in sechsstelliger Höhe stark zu. Gesucht waren hingegen Goldbarren mit einem Gewicht von 100 bzw. 500 Gramm sowie Ein-Unzen-Goldmünzen der Marken „Krügerrand“ und „Maple Leaf“. Hinsichtlich der Silbernachfrage kann man derzeit feststellen, dass diese nach der zum Jahreswechsel erfolgten Erhöhung der Mehrwertsteuer auf vergleichsweise niedrigem Niveau verharrt.

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

Im März haben sich an der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum 420 Personen (Februar: 1.056) beteiligt. Unter den Kaufwilligen war ein Anstieg von 43,7 auf 47,6 Prozent registriert worden. Am zweithäufigsten war eine abwartende Haltung zu beobachten. Deren Quote hat sich aber im Berichtszeitraum von 48,3 auf 40,5 Prozent markant reduziert. Im Zuge des gestiegenen Goldpreises stellte sich bei der Verkaufsbereitschaft der Anleger ein Zuwachs auf 11,9 Prozent (Februar: 8,0 Prozent) ein.

Goldreport 03/23: Höhenflug bei Gold dank Bankenkrise

Eine stark veränderte Stimmung machte sich bei der Einschätzung der aktuellen Edelmetallpreise bemerkbar. Mittlerweile stufen 62,5 Prozent der Befragten die Edelmetallpreise als unterbewertet ein, nachdem im Vormonat hier lediglich eine Quote von 51,2 Prozent registriert worden war. Spürbar reduziert hat sich hingegen die Ansicht, dass Edelmetalle aktuell fair bewertet seien. Auf Monatssicht sank hier der Anteil von 37,2 auf 29,2 Prozent. Etwas gelitten hat auch die Ansicht, dass die derzeitigen Edelmetallpreise als überbewertet anzusehen sind. Hier stellte sich nämlich ein Minus von 11,6 auf 8,3 Prozent ein.

Goldreport 03/23: Höhenflug bei Gold dank Bankenkrise

Bei der Frage nach der weiteren Preisentwicklung der Edelmetalle in den nächsten drei Monaten gab es eine wachsende Zuversicht zu vermelden. Innerhalb eines Monats hat sich der Anteil der Umfrageteilnehmer, die mit steigenden Notierungen rechnen, von 41,8 auf 60,9 Prozent kräftig erhöht. Einen Seitwärtstrend erwarten derzeit lediglich 26,1 Prozent der Befragten (Vormonat: 41,8 Prozent), während bei der Prognose sinkender Preise ein Rückgang von 16,4 auf 13,0 Prozent zu verzeichnen war.

Goldreport 03/23: Höhenflug bei Gold dank Bankenkrise

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Bildquelle: istockphoto.com


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