In der ersten Aprilwoche gelang dem Goldpreis erstmals seit einem Jahr die Rückeroberung der psychologisch wichtigen Marke von 2.000 Dollar. Der Aufwärtsdrang des gelben Edelmetalls hat nach einem Verlaufshoch bei 2.048 Dollar mittlerweile aber spürbar an Dynamik verloren.

Zinssorgen wieder auf dem Vormarsch

Zinsspekulationen waren für einen Übergang in den Seitwärtsmodus hauptverantwortlich. Am 3. Mai wird die US-Notenbank Fed aller Voraussicht nach zum dritten Mal in Folge eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte verkünden. Damit hätten sich dann die Leitzinsen seit März 2022 um insgesamt 500 Basispunkte erhöht, ein historisch betrachtet extrem starker Anstieg innerhalb kurzer Zeit. Das FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group zeigt derzeit eine Wahrscheinlichkeit von fast 75 Prozent an, dass wir am kommenden Mittwoch einen Zinsschritt nach oben um 25 Basispunkte sehen werden, nachdem vor einem Monat hier lediglich ein Wert von 40 Prozent angezeigt worden war.

Trotz dieses kräftigen Zinsanstiegs sollten Geldanleger eines aber stets bedenken: In den vergangenen drei Jahren haben sich die US-Renditen weniger stark nach oben entwickelt als die US-Inflation. In der Finanzwelt werden steigende Zinsen zwar häufig als „Gift für Gold“ bezeichnet und aufgrund der steigenden Opportunitätskosten, der aus dem Zinsverzicht der Goldbesitzer resultiert, häufig als Verkaufsargument vorgebracht. Entscheidend für die Bewertung eines Goldinvestments sind aber weniger die hohen Nominalzinsen, sondern vielmehr die inflationsbereinigten Realzinsen. Je negativer diese ausfallen, desto stärker spricht dies für den Inflationsschutz Gold. Auf Sicht von Generationen ist dieser seinem Ruf als „sicherer Hafen“ stets gerecht geworden. Mit ihm liess sich Kaufkraft nämlich besonders gut konservieren. Relativ Nachvollziehbar wäre ein Verkaufsargument für Gold nur für den Fall, dass die Nominalzinsen das Inflationsniveau deutlich übertreffen würden.

Doch danach sieht es derzeit eher nicht aus. Weil der Ukraine-Krieg, die weltweiten Lieferkettenprobleme sowie der fortschreitende Klimawandel gegen einen massiven Inflationsrückgang sprechen, dürften auf absehbare Zeit negative Realzinsen höchstwahrscheinlich nicht verschwinden. Und sollten wir irgendwann einmal wieder positive Realzinsen sehen, gäbe es durchaus weitere Argumente zum Kauf von Gold wie zum Beispiel die drohende Überschuldung bzw. nachlassende Schuldentragfähigkeit oder die zahlreichen geopolitischen Krisenherde rund um den Globus.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, merkt an, dass der negative Realzins bereits seit Jahren den Goldpreis befeuert. Er erklärt: „Wenn die zu erzielenden Zinsen abzüglich der aktuellen Inflationsrate negativ sind, dann müssen die Anleger ins Risiko gehen, um eine positive Rendite zu erwirtschaften. Ich denke, das wird auch noch lange so bleiben.“ Seiner Meinung nach hat uns die schwelende Bankenkrise zwei Dinge gezeigt. Zum einen haben die Verantwortlichen bei den Notenbanken bzw. bei der Bankenaufsicht von den Bankenkrisen der vergangenen Jahrzehnte offensichtlich wenig gelernt und zum anderen können Verwerfungen bei manchen Kreditinstituten sehr schnell zum Abzug der Kundeneinlagen führen – unter Umständen sogar innerhalb weniger Tage.

Starke Silber-Outperformance im April

Im April überrascht Silber mit einer ausgesprochen starken Performance. Während sich nämlich der Goldpreis innerhalb dieses Monats bislang um 1,5 Prozent verteuert hat, erzielte das mit Abstand günstigste Weissmetall ein Plus von 3,9 Prozent und erzielte damit eine deutliche Outperformance. Berücksichtigt man die Entwicklung der vergangenen sieben Wochen beläuft sich diese sogar auf über 15 Prozentpunkte. Besonders gut sichtbar wird diese durch die seither zu beobachtende Entwicklung des Gold/Silber-Ratio. Grundsätzlich lässt sich diese Bewertungskennzahl relativ einfach ermitteln, indem man den Goldpreis durch den Silberpreis dividiert. Im Grunde genommen zeigt das Gold/Silber-Ratio an, wie viele Unzen Silber man benötigt, um eine Unze Gold zu kaufen. Vereinfacht ausgedrückt wird die Kennzahl folgendermassen interpretiert: Je höher das Gold-Silber-Ratio, desto stärker unterbewertet gilt Silber gegenüber Gold. In den vergangenen sieben Wochen war hier ein massiver Einbruch von über 91 auf 80 (-13,8 Prozent) registriert worden.

Da im März 2020 aufgrund des Pandemieausbruchs das Verhältnis des Silbers zu Gold mit Werten über 125 ein neues Allzeithoch erklommen hatte, mag der eine oder andere Anleger das gegenwärtige Niveau als relativ niedrig und somit Silber als relativ teuer ansehen. Sie sollten allerdings auf keinen Fall ausser Acht lassen, dass nicht nur der Silberpreis, sondern auch das Gold/Silber-Ratio insbesondere auf lange Sicht ausgesprochen starken Schwankungen unterliegt. Nur zur Erinnerung: In den Jahren 1967, 1969 und 1980 gab es zeitweise sogar Werte unter 20 zu vermelden.

Gold/Silber-Ratio richtig interpretieren

Obwohl sich dieses Hilfsmittel bei der Bewertung von Silber an den Edelmetallmärkten einer grossen Beliebtheit erfreute, sollten Anleger ihre Aussagekraft nicht überbewerten. Ein sinkendes Gold/Silber-Ratio muss nämlich nicht zwangsläufig höhere Silberpreise nach sich ziehen. Dies kommt durch das folgende Szenario besonders gut zum Ausdruck: Sollte sich zum Beispiel der Silberpreis innerhalb eines bestimmten Zeitraums weniger stark reduzieren als Gold, würde dies mit einem sinkenden Ratio einhergehen. Trotz der Verluste würde auch in diesem Fall Silber eine Outperformance gegenüber Gold erzielen. Für Anleger, die auf lange Sicht von den positiven Perspektiven beider Edelmetalle überzeugt sind, eignet sich das Gold/Silber-Ratio sehr gut als Gradmesser, um besser einordnen zu können, welche der beiden Krisenwährungen aktuell als besonders preiswert anzusehen ist.

Edelmetallexperte Hartmann macht sich hinsichtlich der weiteren Entwicklung des Silberpreises derzeit keine grossen Sorgen. Auf lange Sicht oszilliere das Gold/Silber-Ratio nämlich zwischen 50 und 55. Das heisst: Damals mussten zwischen 50 und 55 Unzen Silber aufgewendet werden, um eine Unze Gold zu kaufen. Aktuell sind hierfür 80 Feinunzen nötig. Hinsichtlich der weiteren Perspektiven des Silberpreises gibt er sich optimistisch und sagt: „Ich gehe davon aus, dass wir in den kommenden Jahren im Vergleich zum Goldpreis stärkere Silberpreise sehen und ich halte eine Rückkehr zu historischen Mittelwerten zwischen 50 und 55 für wahrscheinlich. Bezogen auf einen Goldpreis von 2.000 Dollar würde eine Unze Silber dann etwas mehr als 66 Dollar kosten.“ Damit hätte der kleine Bruder von Gold das im April 2011 erzielte Allzeithoch von fast 50 Dollar deutlich übertroffen.

April: Nachlassendes Orderaufkommen

Im Vergleich zum Vorjahr und zum Vormonat war das Geschäft im April rückläufig. Das Interesse der Kunden konzentrierte sich dabei ganz klar auf Goldmünzen und Goldbarren. Physisches Silber ist wegen der Erhöhung der Umsatzsteuer ab dem Januar 2023 weniger gefragt. Als meistgehandelte Gattungen erwiesen sich einmal mehr die Unzenmünzen Krügerrand und Maple Leaf sowie Goldbarren ab einer Gewichtseinheit von 50 Gramm als besonders gefragt.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, gibt sich derzeit relativ zuversichtlich, wenngleich kurzfristige Korrekturen immer möglich seien. Insbesondere dann, wenn eine Zinsentscheidung der Fed ansteht. Er sagt: „Ich sehe aber derzeit keinen grossen Korrekturbedarf. Die Unterstützung bei 1.920 bis 1.935 Dollar pro Feinunze sollte meines Erachtens halten.“

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

Im April hat sich die Anzahl der Teilnehmer an der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum leicht erhöht. Gegenüber dem Vormonat war ein Anstieg von 420 auf 446 Personen registriert worden. Bei der Quote der Kaufwilligen stellte sich im Berichtszeitraum ein Minus von 47,6 auf 42,8 Prozent ein. Mehr als die Hälfte der Befragten vertritt mittlerweile eine abwartende Haltung. Deren Quote hat sich im Berichtszeitraum von 40,5 auf 51,5 Prozent kräftig erhöht. Zugleich hat sich die Verkaufsbereitschaft gegenüber dem Vormonat von 11,9 auf 5,7 Prozent mehr als halbiert.

Goldreport 04/23: Marke von 2.000 Dollar heiss umkämpft

Starke Stimmungsveränderungen gab es auch bei der Einschätzung der aktuellen Edelmetallpreise zu beobachten. So brach auf der einen Seite der Anteil der Befragten, die die Edelmetallpreise als unterbewertet einschätzen, von 62,5 auf 43,9 Prozent regelrecht ein. Auf der anderen Seite hat sich die Ansicht, dass Edelmetalle aktuell fair bewertet seien, innerhalb eines Monats von 29,2 auf 44,6 Prozent verstärkt. Leicht nach oben ging es mit der Meinung, dass die derzeitigen Edelmetallpreise als überbewertet anzusehen sind. Hier war ein Anstieg von 8,3 auf 11,5 Prozent registriert worden.

Goldreport 04/23: Marke von 2.000 Dollar heiss umkämpft

Hinsichtlich der Frage nach der weiteren Preisentwicklung der Edelmetalle in den nächsten drei Monaten war im Berichtszeitraum ein stark nachlassender Optimismus zu vermelden. Innerhalb eines Monats hat sich nämlich der Anteil der Umfrageteilnehmer, die mit steigenden Notierungen rechnen, von 60,9 auf 41,0 Prozent reduziert. Mittlerweile rechnet eine Mehrheit von 46,7 Prozent (März: 26,1 Prozent) mit einem Seitwärtstrend, während sich die Erwartung sinkender Preise mit aktuell 12,3 Prozent (Vormonat: 13,0 Prozent) kaum verändert hat.

Goldreport 04/23: Marke von 2.000 Dollar heiss umkämpft

Creator: Viks_jin
File#: 571086991
Bildquelle: https://stock.adobe.com


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