Einsetzende Gewinnmitnahmen in Kombination mit nachlassenden geopolitischen Sorgen haben die altbewährte Krisenwährung in tiefere Regionen zurückfallen lassen. Zuvor markierte das gelbe Edelmetall jedoch mehrfach neue Rekordhochs.

Zinsfantasie klingt wieder ab

An den Goldmärkten haben aber auch die „falkenhaften“ Statements diverser US-Notenbanker auf die Stimmung gedrückt. Nachdem eine Zinssenkung im Juni mittlerweile vom Tisch zu sein scheint, werden sinkende US-Leitzinsen erst für die Fed-Sitzung im September prognostiziert. Am 25. April zeigte das FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group eine Wahrscheinlichkeit von fast 70 Prozent an, dass wir im September niedrigere Zinsen als heute sehen werden. Ausserdem reduzierte sich die Zahl der für das laufende Jahr erwarteten Zinsschritte von drei auf zwei.

Für Gold würde dies bedeuten, dass die Opportunitätskosten – die beim Goldbesitz durch den Verzicht auf Zinseinnahmen zwangsläufig entstehen – länger als erwartet auf dem erhöhten Niveau verharren werden und dadurch die Attraktivität eines Goldinvestments mindern. Doch aufgepasst: Zu sehr sollten sich Anleger nicht über das hohe Zinsniveau freuen, schliesslich geht es seit Jahrzehnten in den wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt mit dem Schuldenberg stets in eine Richtung – nach oben. Ob das Rezept zur Bewältigung von Krisen – also das Senken der Leitzinsen plus „Anwerfen der Notenpresse“ – auf Dauer funktionieren wird, darf bezweifelt werden.

Die im April von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Daten zur Entwicklung der Geldvermögen privater Haushalte wiesen für Ende Dezember Termineinlagen in Höhe von 523,2 Milliarden Euro aus. Gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode stellte dies eine Steigerung um 56 Prozent dar. Ohne den kräftigen Zinsanstieg wäre dieser Zuwachs höchstwahrscheinlich nicht möglich gewesen.

Für Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, war die bei Gold zu beobachtende Kursentwicklung der vergangenen Wochen in der Tat beeindruckend. Am 12. April erreichte der Goldpreis mit knapp 2.432 Dollar pro Feinunze sogar ein neues Allzeithoch. Seitdem befindet sich das gelbe Edelmetall allerdings in einer Korrekturphase. Seiner Meinung nach sei es durchaus vorstellbar, dass diese Korrektur noch ein wenig anhält. Er sagt: „Ich persönlich denke nicht, dass sich Gold innerhalb dieses Zyklus noch einmal signifikant verbilligen wird. Als Maximalziel der Korrektur sehe ich das ehemalige Ausbruchsniveau bei rund 2.050 Dollar pro Feinunze.“

Mit Blick auf potenzielle Auslöser eines solchen Ereignisses merkt er an, dass in der Vergangenheit grosse institutionelle Adressen bei scharfen Einbrüchen am Aktienmarkt oftmals ihre Goldbestände liquidieren mussten, um durch die dadurch gewonnene Liquidität Verluste an den Aktienmärkten auszugleichen. So ein Szenario sei immer vorstellbar.

Viel Gold fliesst in Richtung China

In diesem Jahr kann man eines mit Fug und Recht behaupten: Während Chinesen im grossen Stil Gold kaufen, trennen sich Europäer und Nordamerikaner von der Krisenwährung, obwohl an Krisen derzeit wahrlich kein Mangel herrscht. Unter geopolitischen Aspekten bereiten derzeit folgende Regionen die grössten Sorgen: Ukraine, Gaza-Streifen, Iran/Israel, Rotes Meer und Taiwan. Und mit Blick auf die diesjährigen Wahlen in Europa und den USA wächst die allgemeine Verunsicherung unter den Investoren. Da stellt sich natürlich schon die Frage nach den Gründen für die massiven Goldverkäufe diesseits wie jenseits des Atlantiks.

Zahlen der Eidgenössischen Zollverwaltung weisen seit dem Jahreswechsel einen starken asiatischen Goldhunger aus. Im ersten Quartal exportierten die Schweizer allein nach China insgesamt 203 Tonnen Gold. Unter den Top-20-Handelspartnern der Schweiz verspürten im März neben China (71,4 Tonnen) auch sechs weitere asiatische Länder wie Hongkong (10,2 Tonnen), Thailand (6,6 Tonnen), Indien (6,6 Tonnen), Singapur (5,9 Tonnen), Taiwan (2,0 Tonnen), Malaysia (0,9 Tonnen) und Japan (0,1 Tonnen) ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Goldinteresse.

Auch die vom World Gold Council veröffentlichten Daten bezüglich der weltweiten Zu- und Abflüsse bei Gold-ETFs sprechen eine eindeutige Sprache: Seit Ende Dezember haben sich bspw. die Bestände nordamerikanischer ETFs um 66,7 Tonnen reduziert, während bei den europäischen Pendants sogar ein Minus in Höhe von 89,6 Tonnen zu Buche schlug. Zuflüsse gab es lediglich in einer Region zu vermelden – Asien (plus 33,5 Tonnen).

Edelmetallprofi Hartmann interpretiert die Entwicklung im ETF-Sektor folgendermassen: Viele Besitzer von Gold-ETFs halten ihre Bestände schon seit vielen Jahren und sind nach dem jüngsten Goldpreisanstieg satt im Plus. Er sagt: „Ich interpretiere die Abflüsse im Wesentlichen als Gewinnmitnahmen. Es scheint, als trauten diese Investoren dem Gold keine weiteren grösseren Kursgewinne mehr zu.“ Offensichtlich wechseln ETF-Investoren derzeit in andere Anlageklassen. Robert Hartmann geht allerdings davon aus, dass diese ihre Entscheidung mittel- bis langfristig bereuen werden.

Gründe für die relative Stärke von Gold

Edelmetallexperte Hartmann weist darauf hin, dass viele Kapitalmarktprofis die starke Goldnachfrage der Chinesen als Hauptgrund für die diesjährige Goldrally sehen. Käufe seien sowohl unter Privatkunden als auch seitens der chinesischen Nationalbank auszumachen. Doch es gibt noch weitere Erklärungsversuche wie zum Beispiel die Geschichte über eine riesige Call-Option, die wohl ins Geld gelaufen sein soll. In der Folge mussten sich die Stillhalter dieser Optionen massiv mit Gold eindecken, um die Verluste zu begrenzen.

Viel interessanter findet Hartmann jedoch die folgende Theorie. Die besagt nämlich, dass grosse institutionelle Adressen mittlerweile Zweifel an der Tragfähigkeit der Verschuldung grosser Staaten hätten, wobei auch die USA genannt wurden. Ray Dalio, einer der schillerndsten Figuren in der US-Hedge-Fonds-Szene erklärte, dass er Gold besitze und dieses vor allem als Absicherung gegen Inflation und eine mögliche Schuldenkrise ansehe. Robert Hartmann sieht dies ähnlich und sagt: „In der Tat sitzen nicht wenige Staaten bei gleichbleibenden oder steigenden Zinsen in der Schuldenfalle. Immer höhere Anteile des Steueraufkommens müssen in Zinszahlungen für ausgegebene Anleihen gesteckt werden. Gleichzeitig steigt die Verschuldung immer weiter an – ein Teufelskreis.“ Falls es am Ende zu einer Vertrauenskrise am Anleihemarkt für Staatsanleihen kommen sollte, werden noch mehr Anleger in den sicheren Hafen Gold einfahren. In diesem Fall wären dann deutlich höhere Kurse für Gold zu erwarten, als wir sie heute sehen.

April: Anhaltender Verkaufsdruck

Im April führten die historisch betrachtet hohen Edelmetallpreise abermals für verstärkte Abgaben unter den Kunden von pro aurum. An manchen Tagen kamen dabei auf acht Verkäufer lediglich zwei Käufer. Trotz der aktuell sehr niedrigen Aufgelder auf den reinen Goldwert greifen bei Gold nur wenige Anleger zu. Verkauft wird praktisch alles, was zur Palette der Kapitalanlage zählt. Besonders die Gattungen Goldbarren 50 Gramm, 100 Gramm und 250 Gramm sowie die Goldunzen Krügerrand, Philharmoniker sowie Maple Leaf. Bei Silber die früheren „Bestseller-Unzenmünzen“ Maple Leaf und Philharmoniker.

Berichten zufolge soll die US-Supermarktkette Costco beim Verkauf von Ein-Unzen-Goldbarren derzeit ausgesprochen erfolgreich sein. Für Robert Hartmann ist aber eines völlig klar: Gold zu verkaufen ist nicht ganz so banal, wie es im ersten Moment aussieht. Sobald eine Firma den Goldverkauf im grossen Stil betreiben möchte, benötigt sie in jedem Fall Mitarbeiter, die sich um das Risikomanagement kümmern. Deshalb spricht viel dafür, dass Costco für den Handel von Gold einen externen Dienstleister beauftragt hat. Goldexperte Hartmann geht davon aus, dass jemand anderes sowohl den Wareneinkauf als auch das Risikomanagement durchführt.

Letztendlich dürfte nach Abzug aller Kosten dem Anbieter (wenn überhaupt) eine sehr geringe Gewinnmarge verbleiben. Er sagt: „Ich gehe davon aus, dass Supermarktketten bald wieder aus diesem Business aussteigen werden. Kunden sind meiner Meinung nach bei professionellen Edelmetallhändlern besser aufgehoben, schliesslich werden hier minütlich die Preise für Barren und Münzen angepasst.“ Und möchten die Konsumenten einmal ihr Gold wieder verkaufen, würden dies die Edelmetallhändler professionell abwickeln. Supermarktketten können Ankäufe mangels entsprechender Expertise gar nicht bewerkstelligen.

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

Im Monat April haben sich an der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum insgesamt 632 Personen (März: 1.097) beteiligt. Bei der Kaufbereitschaft der Befragten gab es erneut eine nachlassende Tendenz zu vermelden. Deren Anteil hat sich nämlich gegenüber dem Vormonat von 34,0 auf 31,3 Prozent ermässigt. Nach oben ging es hingegen mit der Anzahl derer, die erst einmal abwarten wollen. Während hier im März eine Quote von 55,9 Prozent registriert wurde, kletterte dieser Wert auf 61,5 Prozent. Mit der Verkaufsbereitschaft ging es im Berichtszeitraum indes bergab. Sie hat sich von 10,1 Prozent (März) auf 7,2 Prozent reduziert.

Mit Blick auf die Frage nach der aktuellen Bewertung der Edelmetallpreise sehen gegenwärtig 38,3 Prozent der Umfrageteilnehmer eine Unterbewertung, während dieser Wert im Monat zuvor noch bei 49,8 Prozent lag. Am stärksten ist derzeit jedoch die Ansicht vertreten, dass bei Edelmetallen faire Preise vorlägen. Hier stellte sich nämlich ein Quotenzuwachs von 37,6 auf 43,1 Prozent ein. Als überbewertet werden die Edelmetallpreise derzeit von 18,6 Prozent der Befragten eingestuft, nachdem im März hier lediglich ein Wert von 12,6 Prozent registriert worden war.

Goldreport 04/24: Goldpreis mit Rückschlag nach Rekordhochs

Hinsichtlich der prognostizierten künftigen Preisentwicklung der Edelmetalle für die kommenden drei Monate gab es im April erneut eine nachlassende Zuversicht zu beobachten. Dennoch erwartet mit 45,6 Prozent weiterhin eine Mehrheit der befragten Anleger (März: 47,3 Prozent) steigende Edelmetallpreise. Am zweitstärksten war die Erwartung eines Seitwärtstrends vertreten. Hier stellte sich auf Monatssicht allerdings ein Rückgang von 39,4 auf 36,1 Prozent ein. Spürbar erhöht hat sich im Berichtszeitraum erneut der Anteil pessimistischer Preisprognosen. Aktuell erwarten immerhin 18,3 Prozent (März: 13,3 Prozent) fallende Edelmetallpreise, was höchstwahrscheinlich auf die in diesem Jahr zu beobachtende starke Performance von Gold und Silber zurückzuführen war.

Goldreport 04/24: Goldpreis mit Rückschlag nach Rekordhochs

Bildnachweis: MicroStockHub
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Bildquelle: istockphoto.com


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