Das erste Halbjahr neigt sich seinem Ende entgegen. Nach vier Monatsgewinnen in Folge legte die Krisenwährung Gold eine Atempause ein und verbuchte im Juni ein leichtes Minus von aktuell 1,2 Prozent (Stand: 27.06.24).

Starke Performance im ersten Halbjahr

Seit dem Jahreswechsel weist das gelbe Edelmetall einen Wertzuwachs von 11,4 Prozent (in Dollar) bzw. 16,3 Prozent (in Euro) auf. Damit übertraf die altbewährte Krisenwährung sowohl die Performance deutscher Blue Chips (DAX: +8,7 Prozent) als auch die Kursentwicklung US-amerikanischer Standardwerte (Dow-Jones-Index: +3,8 Prozent) – und dies trotz diverser Belastungsfaktoren. In diesem Zusammenhang sind vor allem die massiven Gold-Abflüsse im globalen ETF-Sektor zu sehen, die sich seit Ende Dezember auf fast 138 Tonnen beliefen. Auch der Anstieg der US-Renditen hätte nach den in der Vergangenheit zu beobachtenden Korrelationen eher einen schwächeren Goldpreis gerechtfertigt. Bei US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren verzeichneten die Renditen im ersten Halbjahr nämlich einen Anstieg von 3,93 auf 4,34 Prozent p.a. und kletterten zeitweise sogar über die Marke von 4,70 Prozent.

Die vergangenen Wochen standen wieder einmal ganz im Zeichen von Diskussionen um die künftige Entwicklung der Leitzinsen. Am 6. Juni verkündete die Europäische Zentralbank (EZB) eine Zinssenkung um 25 Basispunkte. Interessant dabei: Damit haben die europäischen Notenbanker vor ihren US-amerikanischen Kollegen die Zinswende eingeläutet. In den vergangenen Jahrzehnten ging stets die Fed voran, um dem Rest der Welt den geldpolitischen Kurs vorzugeben. Überraschend kam der Zinsschritt der Europäer allerdings nicht, da die EZB-Verantwortlichen diesen bereits im Vorfeld in Aussicht gestellt hatten.

Gerechtfertigt wurde die beschlossene Massnahme dadurch, dass sich in der Eurozone sowohl die Inflation als auch das Wirtschaftswachstum auf einem deutlich niedrigeren Niveau als in den USA bewegt. Während z.B. die jährliche Teuerungsrate innerhalb der Eurozone bei 2,6 Prozent lag, litten die US-Amerikaner unter einer deutlich höheren Geldentwertung in Höhe von 3,3 Prozent. Die Bereitschaft der US-Notenbanker, die Fed Funds zu senken, hat deshalb in den vergangenen Monaten stark nachgelassen. Bei Redaktionsschluss dieses Marktberichts galt eine erste Zinssenkung am 18. September als wahrscheinlichstes Szenario. Das FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group wies hierfür eine Wahrscheinlichkeit von ungefähr 62 Prozent aus.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, merkt mit Blick auf die aktuelle Entwicklung des Goldpreises an, dass nach dem steilen Anstieg des Goldpreises bis Mitte Mai eine gesunde Konsolidierung bzw. Korrektur eingesetzt hat. Er geht davon aus, dass sich diese noch einige Zeit fortsetzen könnte, bevor es danach weiter nach oben gehen sollte. Die gute Performance des gelben Edelmetalls sei angesichts der steigenden realen Renditen – vor allem in den USA – schon etwas überraschend. Er sagt: „Offensichtlich gibt es für gewisse Marktteilnehmer wichtigere Parameter als die Realzinsen, die für den Golderwerb sprechen. Neben dem bereits erwähnen Abbau von USD-Reserven spielen vor allem die Attribute ‚Unabhängigkeit‘ und ‚Werterhalt‘ wohl eine wichtige Rolle.“ Zugleich merkt er an, dass sehr viele Privatkunden in den vergangenen drei Monaten Teile ihres Goldbestands verkauft haben und sagt: „Ich bin sehr gespannt, wann diese Investoren ihre Münzen und Barrenarren wieder zurückkaufen.“

Zwei Umfragen zum Thema Gold veröffentlicht

Im Juni sind gleich zwei hochinteressante Umfragen mit direktem Bezug zu Gold & Co. veröffentlicht worden. Die eine wurde im Auftrag von pro aurum vom Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt und bestand zum 14. Mal in Folge aus drei verschiedenen Themenkomplexen. Lange Rede, kurzer Sinn: Trotz der rekordhohen Goldpreise geniessen Edelmetalle unter deutschen Bundesbürgern – mehr denn je – ein ausgesprochen hohes Ansehen. Die zweite Umfrage wurde Im Auftrag des World Gold Council (WGC) von YouGov durchgeführt und zielte auf die aktuelle Stimmung unter den Notenbanken hinsichtlich deren Währungsreserven inkl. Gold ab. Befragt wurden insgesamt 69 Zentralbanken, von denen 24 den Industriestaaten und 45 den Schwellen- und Entwicklungsländern zuzurechnen waren.

Dabei wurden den Notenbanken Fragen zu insgesamt sieben Themenbereichen gestellt. Eine besonders wichtige Erkenntnis ist darin zu sehen, dass die Geldexperten in den kommenden fünf Jahren eine anhaltende Entdollarisierung (Abbau von Dollarpositionen) und eine wachsende Bedeutung von Gold erwarten. So gehen zum Beispiel 62 Prozent der Befragten davon aus, dass der Anteil des Dollars an den globalen Währungsreserven in den kommenden fünf Jahren signifikant niedriger bzw. moderat niedriger ausfallen wird, während lediglich 20 Prozent einen moderaten oder signifikanten Anstieg des Dollaranteils für möglich halten.

Ein völlig anderes Bild liefert die Frage nach dem künftigen Goldanteil an den globalen Währungsreserven: Hier gehen nämlich 69 Prozent der Zentralbanken davon aus, dass der Goldanteil signifikant oder moderat wachsen wird, während ein signifikant bzw. moderat niedrigerer Goldanteil von lediglich 13 Prozent der Befragten erwartet wird. Insgesamt rechnen 81 Prozent (2023: 71 Prozent) mit einem Anstieg der globalen Goldreserven, wobei 29 Prozent eigene Goldkäufe (2023: 24 Prozent) für wahrscheinlich halten.

Edelmetallexperte Robert Hartmann ist sich sicher, dass der Einfluss der Notenbanken auf den Goldpreis in den vergangenen fünf Jahren riesig war. Nur zur Erinnerung: In den vergangenen beiden Jahren meldete der WGC Goldkäufe im Volumen von insgesamt 2.119 Tonnen. Vor allem die stetigen Käufe der Schwellenländer hätten einer Meinung nach das Drehbuch für den Goldpreis signifikant beeinflusst, während im ETF-Sektor massive Abflüsse zu verzeichnen waren und Privatkunden in wichtigen Goldnachfrageländern eher auf der Verkäuferseite standen. Robert Hartmann merkt an, dass einige Analysten den Abbau der US-Dollaranleihen und somit des US-Dollars zu Gunsten von Gold als Hauptgrund für die relative Stärke von Gold sehen und sagt: „Die Aussagen der chinesischen Nationalbank, dass im Mai keine Goldkäufe getätigt wurden, sind grundsätzlich mit Vorsicht zu geniessen, schliesslich steigt an der Goldbörse von Shanghai seit Jahren das Handelsvolumen. Dort werden ausschliesslich physische Barren in der Gewichtseinheit von 1.000 Gramm gehandelt und niemand weiss am Ende, ob die dortige Nachfrage von Privatkunden oder der Notenbank stammt.“

Juni: Sommerflaute nach Verkaufswelle

Nachdem in den Monaten zuvor unter den Kunden von pro aurum signifikante Verkäufe zu beobachten waren, verlief der Handel im Juni eher ruhig. Angesichts der relativ dünnen Umsätze sieht es so aus, als ob Privatanleger ihre geplanten Käufe bzw. Käufe mittlerweile abgeschlossen haben. Edelmetallprofi Hartmann sieht aktuell ein hohes Mass an Zurückhaltung und sagt: „Was die Preise für Gold und Silber angeht, bleibe ich optimistisch – insbesondere für Silber. Sehr spannend dürfte jedoch die Phase der US-Präsidentschaftswahl im November 2024 werden. Hier könnte es dann zu heftigen Marktbewegungen kommen.“

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

An der auf proaurum.de durchgeführten Edelmetall-Stimmungsumfrage beteiligten sich im Juni insgesamt 3.096 Personen (Mai: 1420). Dabei hat sich die Kaufbereitschaft der Befragten signifikant verstärkt und sich auf 36,5 Prozent (Mai: 30,2 Prozent) erhöht. Nachgelassen hat hingegen der Anteil derer, die derzeit eine abwartende Haltung einnehmen. Ihre Quote hat sich im Berichtszeitraum auf 52,9 Prozent (Vormonat: 55,8 Prozent) reduziert. Bei der Verkaufsbereitschaft war ebenfalls ein Rückgang registriert worden. Diese sank nämlich von 14,0 auf 10,6 Prozent.

Hinsichtlich der Frage nach der derzeitigen Bewertung der Edelmetallpreise waren im Juni ebenfalls leichte Stimmungsveränderungen zu beobachten. Gegenwärtig sehen 31,7 Prozent der Befragten eine Unterbewertung, nachdem im Monat zuvor noch ein Wert von 38,1 Prozent gemeldet worden war. Mit 47,5 Prozent (Mai: 47,6 Prozent) blieb unter den Umfrageteilnehmern die Ansicht nahezu unverändert, dass bei Edelmetallen derzeit ein faires Preisniveau herrscht. Überbewertete Edelmetallpreise sehen gegenwärtig 20,8 Prozent der Befragten, nachdem im Mai hier lediglich ein Wert von 14,3 Prozent angezeigt worden war.

Bei den Prognosen hinsichtlich der künftigen Preisentwicklung der Edelmetalle in den kommenden drei Monaten stellte sich eine nachlassende Zuversicht ein. Gegenüber dem Vormonat hat sich nämlich der Anteil der Optimisten von 54,4 Prozent auf 47,8 Prozent spürbar reduziert. Leicht verstärkt hat sich hingegen die Ansicht, dass sich die Edelmetallpreise künftig seitwärts entwickeln werden. Hier war nämlich ein Anstieg der Quote von 33,1 auf 35,0 Prozent registriert worden. Der Anteil pessimistischer Preisprognosen fiel – wie in den Monaten zuvor – mit Abstand am geringsten aus, hat sich aber von 12,3 auf 17,2 Prozent spürbar erhöht.

Bildnachweis: Lemon_tm
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Bildquelle: www.istockphoto.com


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