Auf die im Juni erfolgte militärische Eskalation im Iran reagierte die Krisenwährung Gold relativ unaufgeregt – das am 22. April beim London-Fixing markierte Rekordhoch von 3.454,70 Dollar wurde nicht erreicht.

Krieg im Iran wurde praktisch ausgeblendet

Dies mag der eine oder andere Marktbeobachter als Enttäuschung wahrgenommen haben, insgesamt kann man den globalen Goldmärkten aber weiterhin ein ausgesprochen gesundes Marktsentiment attestieren. Insbesondere mit Blick auf die hohen Schuldenberge diesseits wie jenseits des Atlantiks macht der Besitz von Gold unter langfristigen Aspekten auf jeden Fall Sinn. Immer mehr angesehene Kapitalmarktexperten bezweifeln mittlerweile sogar die Schuldentragfähigkeit der USA. Zum Kreis der Warner gehören u.a. Jamie Dimon (CEO von JPMorgan Chase), Ray Dalio (Bridgewater-Gründer) oder Ken Rogoff (Harvard-Professor).

Sie alle eint die Einschätzung, dass ohne substanzielle fiskalpolitische Reformen die US-Verschuldung mittelfristig zum systemischen Risiko werden könnte. Für das vergangene Jahr musste die USA für Zinsausgaben erstmals mehr als eine Billion Dollar bezahlen und derzeit deutet wenig darauf hin, dass das Vertrauen der internationalen Investoren in die USA gestärkt wird. Sollten sich die US-Zinsen weiter nach oben bewegen und/oder sinkende Steuereinnahmen zu einem erneuten Anstieg des US-Haushaltsdefizits führen, dürften die globalen Finanzsysteme einem erneuten Härtetest unterzogen werden. Zur Erinnerung: In den vergangenen zehn Jahren haben sich die US-Staatsschulden auf über 36 Billionen Dollar verdoppelt und im vergangenen Jahr zu einem Haushaltsdefizit von 6,2 Prozent des Bruttosozialprodukts geführt. Nachhaltige und solide Finanzpolitik sieht sicherlich anders aus.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, merkte mit Blick auf die jüngste Atempause des Goldpreises an, dass dessen Kursentwicklung der vergangenen Monate sehr rasant verlaufen ist und er trotz neuer Kaufargumente nicht weiter zugelegt hat. Er sagt: „Angesichts stark überkaufter charttechnischer Indikatoren wäre eine länger anhaltende Korrektur nicht wirklich überraschend.“ Ungeachtet dessen glaubt er allerdings nicht, dass beim gelben Edelmetall der Aufwärtstrend zu Ende ist. Denn dies würde voraussetzen, dass die Währungen wie der Euro oder der Dollar gegenüber dem Gold wieder nachhaltig aufwerten müssen. Angesichts der jüngsten Verschuldungsorgien in Deutschland, Europa und der USA sei dies aber nahezu ausgeschlossen.

EZB warnt vor Lieferengpass bei Gold

Die EZB warnte im Juni davor, dass bei physischem Gold im Falle einer hohen Nachfrage Lieferengpässe drohen, die zu finanzieller Instabilität führen könnten. Hintergrund sei ein massiver Anstieg an Gold-Derivaten (Papiergold) mit physischer Lieferung auf über eine Billion Euro, was ungefähr dem Dreifachen der jährlichen Goldproduktion entspricht. Sollte nämlich eine grosse Zahl von Investoren gleichzeitig physisch ausgeliefertes Gold verlangen, drohten Lieferengpässe, steigende Preise und Margin Calls. Banken, die stark involviert sind, könnten dann in Schwierigkeiten geraten.

Nur ein Beispiel: Laut jüngsten Daten der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futurtes Trading Commission (CFTC) weisen grosse Terminspekulanten (Non-Commercials) mit Stand 17. Juni 2025 eine Netto-Long-Position (mehrheitlich optimistisch gestimmt) von über 200.000 Gold-Futures aus. Dieser Betrag stellt den Saldo zwischen short und long positionierten Futures und bedeutet, dass gegenwärtig in hohem Umfang auf einen steigenden Goldpreis gewettet wird, wobei 200.000 Kontrakte einer Goldmenge von 622 Tonnen entspricht.

Edelmetallexperte Robert Hartmann wies darauf hin, dass das Risiko potenzieller Lieferengpässe unter Edelmetallhändlern bereits seit mindestens zwei Jahrzehnten diskutiert wird und sagt: „Es war schon immer offensichtlich, dass ungleich mehr Papierkontrakte existieren als physisches Gold vorhanden ist. In London und New York werden täglich insgesamt sogar knapp 50 Prozent einer Jahresproduktion an physischem Gold gehandelt und mehr als 90 Prozent der gehandelten Menge dient rein spekulativen Interessen. Er sagt: „Daher kommt die Warnung der EZB für mich persönlich eher überraschend und merkt an: Spekulanten können ihre Kontrakte aber auch verkaufen und in Cash abrechnen oder durch die Ausgabe oder den Kauf bestimmten Kontrakte gar keine oder weniger Risiken eingehen.“ Was die Gold-Derivative generell angeht, sieht der Edelmetallprofi noch erhebliches Potenzial für eine steigende Gold-Volatilität, da niemand weiss, wie viele Optionen und andere synthetischen Produkte auf Gold tatsächlich emittiert wurden.

Notenbanken „schwören“ auf Gold

Notenbanken preisen die Vorzüge der globalen Krisenwährung Gold selten in aller Öffentlichkeit an, schliesslich sind sie in erster Linie für ein funktionierendes Geldsystem verantwortlich und können daher nicht die mit Geld konkurrierende „ewige Währung Gold“ zu sehr loben. Das Handeln der Zentralbanken legt aber den Schluss nahe, dass ihre Goldaffinität Jahr für Jahr stärker wird, schliesslich haben die Notenbanken in den vergangenen Jahren drei Jahren per Saldo Nettokäufe von jeweils mehr als 1.000 Tonnen Gold getätigt.

Im Juni veröffentlichte der World Gold Council zum achten Mal eine Umfrage unter Notenbanken , an der sich diesmal 73 Institutionen beteiligt haben. Ähnlich wie in den Jahren zuvor zeigen sich Zentralbanken weiterhin optimistisch hinsichtlich Gold. So erwarten z.B. 95 Prozent der Befragten für die nächsten zwölf Monate steigende globale Goldreserven. Zur Erinnerung: 2021 lag dieser Wert bei lediglich 52 Prozent. 43 Prozent planen, auch ihre eigenen Bestände auszubauen – ebenfalls ein Rekordwert. 73 Prozent der Umfrageteilnehmer gehen davon aus, dass der US-Dollar bei den globalen Währungsreserven an Bedeutung verlieren wird, während Euro, Renminbi und Gold wichtiger werden.

Als „bedeutsam, aber nicht neu“ stuft Robert Hartmann die Einschätzung der Zentralbanken ein, dass ein Goldanteil eine gute Diversifikation des Portfolios garantiert sowie auf lange Sicht einen hervorragenden Kaufkraftschutz bietet. Ausserdem sagte er: „Sehr bedeutend ist für mich auch die Aussage, dass 43 Prozent der Notenbanken in den kommenden zwölf Monaten die Goldreserven ihres Landes aufstocken möchten und 76 Prozent davon ausgehen, dass auf Sicht von fünf Jahren der Goldanteil an den globalen Währungsreserven moderat oder signifikant höher ausfallen wird.“

Eine Entwicklung war im Juni besonders auffällig: die Outperformance der Weissmetalle Platin und Palladium gegenüber Gold. Für Robert Hartman war diese Entwicklung seit Längerem überfällig. Er konstatiert: „Ich bin nun seit über 40 Jahren am Edelmetallmarkt tätig und in mindestens der Hälfte dieser Zeit war Platin teurer als Gold. Aus fundamentaler Sicht sollte dies nicht überraschen, da deutlich weniger Platin gefördert wird als Gold.“

Robert Hartmann geht davon aus, dass sich Palladium und insbesondere Platin in den kommenden Jahren unter starken Schwankungen besser entwickeln wird als Gold und begründet dies folgendermassen: In den Jahren 2000 bis 2009 entsprach der Gegenwert von einer Feinunze Platin meist mehr als 50 Gramm Gold. Aktuell erhält man eine Unze des Weissmetalls für lediglich 12 Gramm Gold. Er sieht daher sowohl bei Platin als auch bei Palladium „gehörigen Nachholbedarf“.

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

Im Juni haben sich 394 Personen online an der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum (Mai: 396 Teilnehmer) beteiligt. Bei der Kaufbereitschaft der Befragten gab es einen deutlichen Zuwachs zu beobachten. Deren Anteil hat sich nämlich von 39,6 auf 46,4 Prozent erhöht. Eine abwartende Haltung nehmen mittlerweile 37,3 Prozent der Anleger ein, nachdem im Monat zuvor hier noch ein Wert von 42,5 Prozent registriert worden war. Bergab ging es auch – wenngleich weniger dynamisch – mit der Verkaufsbereitschaft, die sich auf Monatssicht von 17,9 auf 16,3 Prozent reduziert hat.

Hinsichtlich der aktuellen Bewertung der Edelmetallpreise war im Juni erneut die Ansicht am stärksten vertreten, dass Edelmetalle derzeit fair bewertet sind, wenngleich sich die Quote von 50,7 auf 46,6 Prozent ermässigt. Eine Unterbewertung der Edelmetallpreise sehen derzeit 27,7 Prozent der Befragten, nachdem im Monat zuvor ein Wert von 22,1 Prozent gemeldet worden war. Ähnlich stark ausgeprägt wie im Monat zuvor war hingegen die Einschätzung, dass Edelmetalle derzeit überbewertet sind. Dieser Wert gab nämlich lediglich von 27,2 auf 25,7 Prozent nach.

Hinsichtlich der künftigen Preisentwicklung der Edelmetalle in den kommenden drei Monaten stellten auch im Juni die Optimisten den höchsten Anteil, allerdings nahm dieser von 50,8 auf 49,0 Prozent ab. Die Ansicht, dass wir künftig einen Seitwärtstrend sehen werden, hat im Juni erneut zugenommen und führte zu einem Anstieg der Quote von 29,4 auf 33,5 Prozent. Bergab ging es hingegen mit der Einschätzung, dass die Edelmetallpreise fallen werden. Hier stellte sich im Berichtszeitraum ein Rückgang von 19,8 auf 17,5 Prozent ein.

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Bildquelle: www.istockphoto.com


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