Im August blieben die Eurozone und die USA zwar von Leitzinserhöhungen verschont, die Sorgen hinsichtlich Inflation, Zinsen und Rezession haben sich dadurch allerdings nicht verflüchtigt. Der Goldpreis verharrt aktuell weiterhin deutlich unter der Marke von 1.800 Dollar.

Gold trotz unzähliger Krisenherde wenig gefragt

Wichtige Gradmesser zur Stimmung in der Wirtschaft bzw. unter den Konsumenten fielen sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks extrem negativ aus. In diesem Zusammenhang bietet sich vor allem ein Blick auf den ZEW-Konjunkturausblick für Deutschland an. Mit minus 55,3 Zählern rutschte die Stimmung auf den niedrigsten Wert seit fast 14 Jahren ab. In den USA kommt die miserable Stimmung vor allem durch den ISM-Einkaufsmanagerindex besonders gut zum Ausdruck. Dieser befindet sich derzeit nämlich mit 52,8 Punkten auf dem tiefsten Stand seit Juni 2020. Gemessen daran fielen die Rückschläge bei DAX und Dow relativ bescheiden aus. Beide Leitindizes notierten nämlich letztmals in den Jahren Ende 2020 bzw. Anfang 2021 auf dem Niveau ihrer diesjährigen Jahrestiefs.

Offensichtlich glaubt eine Mehrheit an den internationalen Finanzmärkten einmal mehr an die „heilenden Hände von EZB und Fed“. Der Risikoappetit der Investoren scheint gegenwärtig jedoch wieder etwas stärker ausgeprägt zu sein, schliesslich setzten trotz gestiegener Zinsen selbst wichtige Technologiewerte und Kryptowährungen in den vergangenen Wochen zu regelrechten Kursrallys an. Investments in Gold spielten aber weder an den Terminmärkten noch im ETF-Sektor eine sonderlich wichtige Rolle. In beiden Marktsegmenten herrschte in erster Linie eines: Verkaufsdruck. Wie im Monat zuvor fürchten sich die Akteure an den Goldmärkten vor allem vor hohen Zinsen und den daraus resultierenden Opportunitätskosten und machen sich weniger Sorgen um die Schuldentragfähigkeit, die enorm gestiegenen Geldmengen sowie die trüben Konjunkturperspektiven. Auch der starke Dollar wirkt auf den Goldpreis zwar weiterhin wie ein „Bremsklotz“, sorgt aber ausserhalb des Dollarraums für ein gewisses Mass an Stabilität.

Robert Hartmann, der Mitgründer von pro aurum, weist darauf hin, dass nach den Zinserhöhungen der Notenbanken insbesondere institutionelle Anleger Teile ihres Goldes auf den Markt geworfen haben. Nicht zuletzt auch deswegen, weil mit den Zinsanhebungen der amerikanischen US-Notenbank Fed der Dollar gegenüber dem Euro stark zugelegt hat. Der erfahrene Edelmetallexperte meint jedoch: „Für mich persönlich erscheint das aber etwas zu kurz gesprungen. Die negative Realverzinsung — also der Zins abzüglich der Inflationsrate — befindet sich unverändert in stark negativem Terrain. Dies ist und bleibt das Fundament für mittelfristig weiter steigende Goldpreise.“

Licht und Schatten bei asiatischer Goldnachfrage

An den Goldmärkten gibt es zahlreiche Einflussfaktoren, die sich manchmal kompensieren können und dadurch einen klaren Trend beim Preis für das gelbe Edelmetall verhindern. Die vom World Gold Council veröffentlichten Quartalsdaten zur Entwicklung von Angebot und Nachfrage lieferten hierfür einen guten Beleg. In Q2 hat sich — bedingt durch Corona und Russlands Krieg gegen die Ukraine — in wichtigen Regionen die Goldnachfrage unterschiedlich entwickelt. Während zum Beispiel die chinesische und russische Schmucknachfrage gesunken ist, gab es im Mittleren Osten sowie in Indien einen regelrechten Nachfrageboom zu verzeichnen. Selbiges traf übrigens auch auf das Geschäft mit Barren und Münzen zu, wo die Türkei und Indien die corona-bedingte Nachfrageschwäche in China kompensiert haben.

Per Saldo wurde im zweiten Quartal 2022 der schwache Investmentsektor durch die starke Entwicklung der Schmuckbranche kompensiert. Während sich nämlich innerhalb dieses Zeitraums die Schmucknachfrage um vier Prozent auf 453,2 Tonnen verbessert hat, gab es unter Investoren — ausgelöst durch massive Abflüsse bei Gold-ETFs — einen regelrechten Einbruch um 28 Prozent auf 205,8 Tonnen zu beklagen. Dies und der Verkaufsdruck an den Terminmärkten dürfte den Goldpreis im August stark ausgebremst haben.

Für Edelmetallexperte Hartmann bleibt dennoch die globale physische Nachfrage mittel- bis langfristig von enormer Bedeutung für den Goldpreis. Indien und China spielen dabei als wesentliche Treiber der Nachfrage eine besonders wichtige Rolle. Während Gold in Indien sowohl als Wertspeicher als auch in der Kultur hohes Ansehen geniesst, sind die Chinesen eher kurzfristig orientiert. Ausserdem sagt er: „Die Wirtschaft in China weist seit geraumer Zeit Bremsspuren auf — nicht zuletzt wegen der verordneten Lockdowns aufgrund der Null-Covid-Strategie. Ich gehe davon aus, dass sich die Nachfrage in China in den nächsten Monaten wieder spürbar beleben wird.“

Anhaltende Unsicherheit an der Inflationsfront

Im August wurden Teuerungsraten für den Monat Juli veröffentlicht. Während in der Eurozone und in den USA die Inflation den Rückwärtsgang eingelegt hat, übertraf sie in Grossbritannien mittlerweile die Marke von zehn Prozent. Damit wurden die Prognosen der Analysten übertroffen und das höchste Niveau seit vierzig Jahren erreicht. In Deutschland sind wir mittlerweile bei einer Inflationsrate in Höhe von 7,5 Prozent angelangt. Laut Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft wäre der Kaufkraftverlust ohne 9-Euro-Ticket und Tankrabatt um zwei Prozentpunkte höher ausgefallen. Da diese im Herbst auslaufen werden und mit Blick auf die Energiekosten und die angespannte Versorgungslage weitere Belastungen drohen, sollten die Konsumenten weder mit einem deutlichen noch mit einem nachhaltigen Rückgang der Inflation rechnen. Übrigens: Sowohl in der Deutschen Bundesbank als auch im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung befürchtet man im Herbst deutsche Inflationsraten im zweistelligen Prozentbereich. Das heisst: Wer Geld hat, dürfte weiterhin an Inflationsschutz stark interessiert sein. Gold geniesst unter diesem Aspekt seit Menschengedenken einen vorzüglichen Ruf.

Edelmetallprofi Hartmann stuft den Rückgang der Inflationsrate in der Eurozone und den USA als marginal ein und sagt: „Blickt man auf die zuletzt noch einmal gestiegenen Erzeugerpreise in Deutschland, die im Juli mit einem Wert von 37,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat einen neuen Rekordanstieg verzeichnet haben, so kann man erahnen, dass es weiterhin zu Preissteigerungen kommen wird. Wie hoch diese ausfallen werden, hängt sehr stark von der weiteren Preisentwicklung im Energiesektor ab.“

August: Privatkunden weiterhin in Kauflaune

Anders als die institutionellen Anleger greifen die Privatkunden in Deutschland bei Gold und Silber weiterhin beherzt zu. Bei pro aurum können wir keine Verlangsamung der Nachfrage im August feststellen — und das trotz der laufenden Urlaubssaison. Besonders gefragt waren vor allem Unzenbarren und 100 Gramm-Barren aus Gold. Bei den Goldmünzen im Feingewicht von einer Unze standen der südafrikanische Krügerrand sowie der kanadische Maple Leaf auf den Einkaufslisten unserer Kunden ganz oben. Im Silberbereich dominierten vor allem die differenzbesteuerten Münzen Maple Leaf und Britannia in der Gewichtseinheit von einer Unze. Die Aufgelder bei Goldbarren sind im Vergleich zum Vormonat etwas gesunken. Bei Gold- und Silbermünzen kann man das Aufgeld aber weiterhin als „historisch eher hoch“ bezeichnen.

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

An der im August durchgeführten Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum haben insgesamt 70 Personen (Juli: 411) teilgenommen. Der Anteil der Kaufwilligen hat sich gegenüber dem Vormonat von 50,1 auf 58,6 Prozent signifikant erhöht. Deutlich bergab ging es hingegen mit der Quote abwartender Anleger. Hier war gegenüber dem Vormonat ein Rückgang von 45,7 auf 34,3 Prozent registriert worden. Zugleich war eine wachsende Verkaufsbereitschaft zu beobachten. Diese hat sich nämlich von 4,1 auf 7,1 Prozent erhöht.

Bei der Frage nach der Bewertung der aktuellen Edelmetallpreise war im Berichtszeitraum erneut eine erheblich veränderte Stimmung zu beobachten. Nachdem im Juli 47,0 Prozent der Befragten Edelmetallpreise als unterbewertet eingestuft haben, liegt dieser Wert nunmehr bei 54,6 Prozent. Jeweils 22,7 Prozent betrachten die Edelmetallpreise aktuell als fair (Juli: 38,5 Prozent) bzw. als überbewertet (Vormonat: 14,5 Prozent).

Hinsichtlich der weiteren Preisentwicklung der Edelmetalle im kommenden Quartal war im August erneut ein nachlassender Optimismus registriert worden. Steigende Edelmetallpreise erwarten mittlerweile 43,9 Prozent der Befragten (Juli: 46,4 Prozent). Dass die Edelmetallpreise stagnieren werden, prognostizieren derzeit 41,5 Prozent der Anleger (Juli: 39,1 Prozent). Nahezu unverändert blieb mit 14,6 Prozent hingegen der Anteil der Pessimisten (Juli: 14,5 Prozent).

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