Der Krisenschutz Gold ignoriert derzeit die wachsende Risikoaversion der Anleger an den internationalen Aktienmärkten und folgt deren Abwärtstendenz. Bislang hat das gelbe Edelmetall im August 2,4 Prozent an Wert verloren (Stand: 24.08.23).

Comeback der Zinssorgen belastet

Gefragt war im August vor allem der US-Dollar, was sich in einem kräftigen Anstieg des Dollarindex niedergeschlagen hat. Dieser vergleicht den Greenback mit einem Korb aus sechs anderen wichtigen Währungen wie dem Euro (57,6 Prozent), dem japanischen Yen (13,6 Prozent), dem britischen Pfund (11,9 Prozent), dem kanadischen Dollar (9,1 Prozent), der schwedischen Krone (4,2 Prozent) und dem Schweizer Franken (3,6 Prozent). Die Dollarstärke war vor allem auf die robuste Entwicklung der US-Wirtschaft und die gestiegenen Anleiherenditen zurückzuführen. Diese markierten bei Papieren mit zehn Jahren Laufzeit den höchsten Stand seit 15 Jahren und bei 30-jährigen war zeitweise der höchste Stand seit immerhin zwölf Jahren erzielt worden.

Während jenseits des Atlantiks die weltgrösste Wirtschaft relative Stärke beweist, enttäuschte die weltweite Nummer Zwei (China) und rutschte angesichts einer im Juli verzeichneten Inflation in Höhe von minus 0,3 Prozent sogar in die Deflation ab. Massive Probleme sind im Immobiliensektor, beim privaten Konsum sowie am Arbeitsmarkt auszumachen. Nach dem in den vergangenen Monaten die Jugendarbeitslosigkeit kräftig angestiegen ist, will die chinesische Regierung diesbezügliche Daten vorerst nicht mehr veröffentlichen und empfiehlt der jungen Generation, aufs Land zu ziehen. Für Juni wurde offiziell eine Jugendarbeitslosigkeit von 21 Prozent gemeldet, während eine Pekinger Ökonomin die tatsächliche Arbeitslosenrate auf 46 Prozent geschätzt hat.

Die von Staatschef Xi propagierte Überlegenheit des chinesischen Systems gegenüber westlichen Demokratien scheint derzeit zwar nicht zuzutreffen, Schadenfreude scheint aus folgendem Grund aber nicht angebracht zu sein. Die Schuld für das eigene Scheitern sieht der chinesische Machthaber vor allem im Ausland, was den US-Präsident Joe Biden veranlasst hat, den Chinesen als „tickende Zeitbombe“ zu bezeichnen. Das Beispiel Putin hat gezeigt, wie gefährlich aristokratische Herrscher mit grossem Nationalstolz für den Rest der Welt werden können.

Skepsis der Ratingagenturen wird ignoriert

Obwohl die Bonität der USA sowie die Kreditwürdigkeit mehrerer US-Banken im August herabgestuft wurde, verhalf dies dem Goldpreis nicht in höhere Regionen. Anfang des Monats hat die Ratingagentur Fitch das langfristige Emittentenausfallrating der USA von “AAA” auf “AA+” herabgestuft. Begründet wurde das Downgrade mit der erwarteten Verschlechterung der öffentlichen Finanzen in den kommenden drei Jahren, der hohen und wachsenden Schuldenlast des Staates sowie der Erosion der Regierungsführung während der vergangenen beiden Jahrzehnte. Doch damit nicht genug: Die Ratingagentur Moody’s stufte die Kreditwürdigkeit von insgesamt zehn mittelgrossen und kleinen US-Banken herab und setzte zudem sechs Grossbanken auf ihre Prüfliste für mögliche Herabstufungen.

Das mit Banken verbundene Kontrahentenrisiko sollten nicht nur deren Aktionäre, sondern auch deren Kunden stets im Hinterkopf behalten. Im Falle einer Zahlungsunfähigkeit, wären nämlich neben den Investitionen der Aktionäre auch die Einlagen der Kunden gefährdet. Normalerweise sind in den USA bei einer Bankenpleite Kundeneinlagen bis zu einer Höhe von 250.000 Dollar (Deutschland: 100.000 Euro) abgesichert, ob dieser Schutzschirm bei einem „grossen Bankensterben“ allerdings funktionieren wird, steht auf einem völlig anderen Blatt.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, merkt in diesem Zusammenhang an, dass man sich über das Herabstufen der US-Bonität nicht zu sehr wundern sollte. Die Verschuldung vieler Staaten – darunter insbesondere die USA – habe in den vergangenen 20 Jahren schliesslich exorbitant zugenommen. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sei die Staatsverschuldung Amerikas nur in den Jahren des zweiten Weltkrieges noch höher ausgefallen. Edelmetallexperte Hartmann geht davon aus, dass die schnelle Aufwärtsbewegung der Zinsen in den vergangenen Monaten nun Fragen bezüglich der Schuldentragfähigkeit der USA aufkommen lasse und sagt: „Immer mehr Zinsausgaben stehen immer geringeren Steuereinnahmen gegenüber. Das kann langfristig nicht gut gehen.“

Goldgedeckte Währung ante portas?

Vom 22. bis 24. August fand im südafrikanischen Johannesburg das mit grosser Spannung erwartete BRICS-Gipfeltreffen statt. Daran haben nicht nur die derzeitigen BRICS-Mitglieder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika teilgenommen, eingeladen waren auch zahlreiche Staaten des globalen Südens, die sich für eine Aufnahme in den losen Staatenbund interessieren. Neu aufgenommen wurden folgende Länder: Iran, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, Äthiopien und Argentinien. Russlands Präsident Putin konnte aufgrund eines Haftbefehls des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag nicht persönlich erscheinen und nahm deshalb lediglich per Video daran teil. Im Vorfeld des Treffens wurde nicht nur über eine Aufnahme weiterer Staaten, sondern auch über die Einführung einer goldgedeckten BRICS-Währung spekuliert. Beides hat zum Ziel, die Dominanz der US-Währung in der Welt abzuschwächen und die unter vielen Schwellenländern stark ausgeprägte Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren.

Ob dieses Vorhaben gelingt und ein Gegengewicht zu den wichtigsten globalen Reservewährungen Dollar, Euro, japanischer Yen, britisches Pfund, kanadischer Dollar, Schwedenkrone und Schweizer Franken erfolgreich etabliert wird, bleibt abzuwarten. Einige der Mitglieder und potenziellen Aufnahmekandidaten sind sich jedoch alles andere als wohlgesonnen und in der Vergangenheit vor allem durch nationalen Egoismus, mangelnde Kompromissbereitschaft und wenig kooperatives Verhandlungsgebaren in Erscheinung getreten. Ob Investoren einer Währung vertrauen werden, die in hohem Masse von autokratisch geführten Staaten dominiert wird, in denen Menschenrechte und nationale Rechtssysteme hohe Defizite aufweisen, darf bezweifelt werden.

Grundsätzlich ist zwar mit einer fortschreitenden Entdollarisierung zu rechnen, eine schnelle Ablösung des US-Dollars als Weltleitwährung gilt jedoch als unwahrscheinlich. Dies lässt sich auch an der Entwicklung von Dollar und Gold während der vergangenen Wochen ablesen. Der Dollar hat sich nämlich trotz der BRICS-Spekulationen deutlich verteuert und Gold profitierte auch nicht von der vagen Aussicht auf das Entstehen einer neuen goldgedeckten Währung.

Edelmetallprofi Hartmann glaubt ohnehin nicht an die erfolgreiche Einführung einer solchen Währung. Er geht davon aus, dass die BRICS-Staaten vor allem ihre US-Dollar-Abhängigkeit verringern möchten und deshalb den Wunsch haben, eine neue Recheneinheit zur Abwicklung von internationalen Handels- und Finanztransaktionen zu schaffen, deren Grundlage auf den Währungen dieser Staaten basieren soll. In einem wichtigen Punkt gibt sich Hartmann ebenfalls skeptisch und sagt: „Einige Analysten erwarten zudem die Beimischung von Gold – ich persönlich glaube das nicht.“

Verkaufsdruck im ETF-Sektor und an den Terminmärkten

Die schwache Performance des Goldpreises im August war in erster Linie auf die negative Stimmung an den Terminmärkten und im ETF-Sektor zurückzuführen. Laut Commitments of Traders-Report der US-Aufsichtsbehörde CFTC haben grosse Terminspekulanten (Non-Commercials) ihre Netto-Long-Position (mehrheitlich optimistisch gestimmt) allein im August von 163.900 auf 121.100 Futures (-26,1 Prozent) reduziert, was in erster Linie durch ein massives Hochfahren der Short-Seite verursacht worden war. Laut World Gold Council war zudem im ETF-Sektor insbesondere unter nordamerikanischen Investoren ein ausgesprochen starkes Verkaufsinteresse zu beobachten. So hat zum Beispiel der weltgrösste Gold-ETF SPDR Gold Shares allein im August (Stand: 23.08.23) Abflüsse von 912,93 auf 884,91 Tonnen (-28,02 Tonnen) verkraften müssen und damit den niedrigsten Stand seit Januar 2020 markiert.

Angesichts dieser Negativtendenz kann man den Rückschlag des Goldpreises im August fast schon als „moderat“ bezeichnen. Trotz des zuletzt stärkeren US-Dollars attestiert Robert Hartmann dem Goldpreis ein hohes Mass an Resistenz und sagt: „Grundsätzlich schliesse ich einen temporären Kursrutsch in Richtung 1.850 Dollar pro Feinunze nicht aus – aber das wäre dann noch einmal eine gute Kaufgelegenheit für Investoren, die noch nicht bzw. noch nicht in gewünschtem Umfang in Gold investiert sind.“ Er sieht bei den kurz- und mittelfristigen Charts eine Bodenbildung und geht deshalb davon aus, dass das gelbe Edelmetall bis zum Jahresende zulegen wird.

August: Leichte Lethargie macht sich breit

Bei pro aurum verlief der Edelmetallhandel im August nach wie vor vergleichsweise ruhig. Nicht wenige Kunden verkaufen angesichts der Lethargie am Edelmetallmarkt einen Teil ihrer Positionen und machen Kasse. Der jahrelang anhaltende „Anlagenotstand“ ist in der Wahrnehmung unserer Privatkunden nicht mehr existent, denn man kann mittlerweile bei einigen Banken wieder Zinserträge in Höhe von rund 3 Prozent pro Jahr erzielen. Doch Edelmetallprofi Hartmann warnt: „Bei jährlichen Inflationsraten von mehr als 6 Prozent ist dies nur eine nominale „Scheinblüte“. Real – also nach Abzug der Inflation – kann man an den Zinsmärkten weiterhin nichts verdienen.“

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

An der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum beteiligten sich im August 262 Personen (Juli: 1.104). Nachdem im Monat zuvor 51,6 Prozent der Befragten eine abwartende Haltung eingenommen hatte, kletterte dieser Wert im August auf 55,0 Prozent. Leicht nachgelassen hat hingegen die Kauflaune, wo ein Minus von 44,0 auf 40,8 Prozent zu beobachten war. Zugleich bewegt sich die Verkaufsbereitschaft weiterhin auf stark gedrücktem Niveau. Gegenüber dem Vormonat stellte sich ein marginaler Rückgang von 4,4 auf 4,2 Prozent ein.

Hinsichtlich der Einschätzung der Edelmetallpreise stuft die Mehrheit der Befragten diese aktuell als unterbewertet ein. Im Berichtszeitraum war ein leichter Anstieg von 57,4 auf 59,4 Prozent registriert worden. Mit 31,1 Prozent hat sich der Anteil der Befragten, die gegenwärtig eine faire Bewertung sehen, leicht reduziert (Juli: 32,2 Prozent). Nach der jüngsten Goldpreisschwäche betrachtet lediglich eine Minderheit von 9,5 Prozent die aktuellen Edelmetallpreise als überbewertet, nachdem vor einem Monat hier noch ein Wert von 10,4 Prozent zu beobachten war.

Befragt nach der weiteren Preisentwicklung der Edelmetalle in den kommenden drei Monaten war im August ein nachlassender Optimismus und eine wachsende Skepsis zu beobachten. Beim Anteil der Optimisten war nämlich ein signifikanter Rückgang von 48,2 auf 39,7 Prozent registriert worden. Die Meinung, dass wir einen Seitwärtstrend sehen werden, hat im Berichtszeitraum leicht nachgelassen. Diese Meinung war unter 36,8 Prozent der Befragten (Juli: 39,8 Prozent) auszumachen. Stark erhöht hat sich hingegen die Quote derer, die sinkende Preise erwarten. Hier stellte sich gegenüber dem Vormonat nämlich ein kräftiger Anstieg von 12,0 auf 23,5 Prozent ein.

Bildnachweis: alfexe
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Bildquelle: https://www.istockphoto.com/


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