Nachlassende Zinssorgen haben den Goldpreis deutlich über die Marke von 2.000 Dollar ansteigen lassen. Mittlerweile spricht einiges dafür, dass die US-Notenbank Fed im Mai die US-Leitzinsen reduzieren wird.

Anhaltend hohe Risikoprämie

Mit Blick auf die weitere Konjunktur- und Zinsentwicklung in den USA änderte sich im November die Nachrichtenlage und führte zu nachlassenden Zinsängsten bzw. steigenden Rezessionssorgen. Während in der Eurozone und insbesondere in Deutschland die Rezessionsrisiken bereits in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen sind und sich die Perspektiven der chinesischen Wirtschaft ebenfalls eingetrübt hatten, entwickelte sich die US-Wirtschaft bislang relativ robust. Enttäuschende Oktoberzahlen zur Industrieproduktion bzw. zum Auftragseingang langlebiger Wirtschaftsgüterverunsicherten jedoch in der zweiten Monatshälfte die Investoren.

Letzterer gilt in der Finanzwelt als anerkannter Frühindikator. Gegenüber dem Vormonat reduzierte sich der Auftragseingang um 5,4 Prozent, nachdem er im September noch ein Plus von vier Prozent ausgewiesen hatte. În Kombination mit dem zuvor veröffentlichten Fed-Protokoll, hat sich die Angst vor einer weiteren Zinserhöhung auf einen Schlag verflüchtigt. Laut FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group wird derzeit eine Wahrscheinlichkeit von über 76 Prozent angezeigt, dass wir Anfang Mai niedrigere Zinsen als heute sehen werden, nachdem vor einem Monat hier lediglich ein Wert von 38 Prozent angezeigt und die Wahrscheinlichkeit für höhere Zinsen auf immerhin 17 Prozent taxiert worden war. Unterstützt wurde dieser Stimmungswechsel übrigens durch gesunkene Inflationsraten sowie rückläufige Produzentenpreise – diesseits wie jenseits des Atlantiks.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, weist zudem auf die sehr starke physische Nachfrage in Asien hin, insbesondere in China. Hier sind nämlich die Aufgelder in den vergangenen drei Monaten zeitweise auf bis zu 100 Dollar pro Feinunze Gold angestiegen, was auf einen deutlichen Nachfrageüberhang hindeutet. Ausserdem spiele laut Hartmann der schwache US-Dollar ebenfalls eine grosse Rolle. Unterm Strich befand sich der Dollar zum Euro in den vergangenen drei Jahren in einem klaren Aufwärtstrend. Dieser scheint nun gebrochen. An den Finanzmärkten geht man überwiegend davon aus, dass sich die Fed von der Politik des starken Dollars verabschiedet hat. Edelmetallprofi Hartmann sagt: „Das Gold korreliert auf lange Sicht negativ zum US-Dollar und sollte sich ein nachhaltiger Abwärtstrend einstellen, würde dies dem Goldpreis gehörigen Rückenwind verleihen.“

Hiobsbotschaft von der Ratingagentur Moody‘s

Während die US-Ratingagentur S&P bereits 2011 den USA bei der Bonität die Bestnote entzogen hatte, stufte im August auch der Wettbewerber Fitch die Kreditwürdigkeit der USAherab. Mitte November reduzierte dann Moody`s den Ausblick für die Zahlungsfähigkeit der USA auf „negativ“. Damit droht den USA die nächste Herabstufung der Bonität. Besonders interessant: Die Bundesrepublik Deutschland wird von allen drei Ratinggesellschaften noch mit der Bestnote bewertet. Während sich der deutsche Schuldenberg aktuell auf ungefähr 66 Prozent der Wirtschaftsleistung beläuft, kletterte diese wichtige Kennzahl in den USA zuletzt auf den Rekordwert von 129 Prozent.

Edelmetallexperte Hartmann nimmt diese Ratings übrigens schon lange nicht mehr ernst. Sie spielen in seinen Investmententscheidungen keine Rolle mehr. Er erklärt: „Spätestens seit dem US-Subprime-Desaster in den Jahren 2008 bis 2010 hat sich gezeigt, dass im Zweifel selbst AAA-Ratings der führenden Agenturen nichts wert sind. Die damals von Fitch und Co. bestens bewerteten Immobilien-Pakete erwiesen sich letztendlich als mehr oder weniger wertlos.“ Für Robert Hartmann stellt sich daher vor allem eine Frage: Wie soll man diesen Agenturen noch vertrauen? Mittlerweile haben sich die Staatsschulden der USA bei stark steigender Tendenz auf unglaubliche 33,7 Billionen US-Dollar erhöht, so dass das Land jeden Monat für auslaufende Anleihen neue mit deutlich höherem Zinssatz aufnehmen muss. Er zieht folgendes Fazit und sagt: „Immer mehr Steuereinnahmen des Staates müssen für den Schuldendienst verwendet werden. Das ist eine echte `Todesspirale`, die das Vertrauen in den US-Dollar weiter untergraben wird.“

Die Entwicklung in den USA sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch dem deutschen Staatshaushalt Ungemach droht und das Risiko einer Herabstufung der Bonität nicht von der Hand zu weisen ist. Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für nichtig erklärt wurde, liefert hierfür den besten Beweis. Das daraus entstandene Finanzierungsloch von 60 Milliarden Euro hat zu einer Haushaltssperre sowie einem erneuten Aussetzen der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse geführt. Solide Finanzierung und Haushaltspolitik sieht sicherlich anders aus.

Edelmetallprofi Hartmann weist in diesem Kontext darauf hin, dass weder Europa noch Deutschland so viel besser dastehen als die USA, schliesslich sind auch hier die Quoten der Staatsverschuldung in den vergangenen Jahren in die Höhe geschossen. Seiner Meinung nach seien die Probleme im Westen nahezu überall dieselben. Er meint: „Die Politik hat sich leider an das Schuldenmachen gewöhnt. Mit einem deutschen Steueraufkommen von rund 900 Mrd. Euro im Jahr 2023 müssten eigentlich alle wesentlichen Projekte gut finanzierbar sein.“ Er schlägt deshalb vor, dass alles, was nicht wesentlich oder rein ideologisch bedingt ist, auf den Prüfstand sollte. Mit Blick auf die aktuell problematische Lage des Bundeshaushalts merkt Hartmann folgendes an: „Als explizites Kaufargument für Gold und Silber würde ich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht werten – die Lage Deutschlands ist ohnehin und auch ohne dieses Urteil schon prekär genug.“

Kleiner Lichtblick im ETF-Sektor

An den Terminmärkten hat sich unter den spekulativen Marktakteuren der Optimismus den zweiten Monat in Folge verstärkt. Ausserdem war beim allgemeinen Interesse an Gold-Futures, welches durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) zum Ausdruck kommt, ein kräftiger Zuwachs registriert worden. Mit 508.400 offenen Kontrakten bewegt sich der Open Interest mittlerweile auf dem höchsten Niveau seit über sechs Monaten. Zur Erinnerung: Ein Gold-Future bewegt den Gegenwert von 100 Feinunzen Gold. Somit repräsentiert diese Kennzahl derzeit eine Goldmenge von mehr als 1.500 Tonnen.

In einem anderen wichtigen Marktsegment kann man derzeit ebenfalls eine positive Entwicklung ausmachen. ETF-Investoren scheinen nämlich wieder verstärkt Gefallen an Gold zu finden. Darauf deuten zum einen die Daten des World Gold Council hin, die erstmals seit sechs Monaten wieder zwei Wochen in Folge Goldzuflüsse gemeldet haben. In dieses Bild passt zum anderen aber auch die massiven Zuflüsse beim weltgrössten Gold-ETF SPDR Gold Shares. Dessen gehaltene Goldmenge hat sich nämlich seit Ende Oktober von 859,49 auf 878,53 Tonnen (Stand: 29.11.23) um 19,04 Tonnen erhöht und damit den aktuellen Marktwert des ETF auf über 57 Milliarden Dollar ansteigen lassen.

November: Comeback der Kauflaune

Nachdem im Oktober und Anfang November die Verkaufsorders unserer Kunden noch überwogen, hat sich im Verlaufe des Novembers die Nachfrage wieder spürbar gesteigert. Aktuell erreichen uns wieder deutlich mehr Kaufaufträge als Verkaufsorders. Insbesondere nach dem Überschreiten der psychologisch wichtigen Marke von 2.000 Dollar pro Feinunze Gold haben vermehrt Neukunden gekauft, die zuvor noch nicht investiert waren. Umsatz-Spitzenreiter bei Gold waren neben den Unzenmünzen Krügerrand und Philharmoniker die Goldbarren in den Gewichtseinheiten 50 Gramm und 100 Gramm.

Die Nachfrage bei Silber ist nach der Erhöhung der Umsatzsteuer auf 19 Prozent seit Jahresbeginn regelrechteingebrochen. Hier wandern die Kunden zu unserer Filiale in der Schweiz ab und ordern Barren in den Gewichtseinheiten fünf und 15 Kilogramm zur Verwahrung im dortigen Zollfreilager. Diese Transaktionen sind nämlich gänzlich von der Mehrwertsteuer befreit, solange das Edelmetall im Zollfreilager verbleibt.

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

Im November haben sich an der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum insgesamt 2.193 Personen(Oktober: 707) beteiligt. Trotz des hohen Goldpreisniveaus hat sich die Kaufbereitschaft unter den Befragten von 39,2 auf 42,4 Prozent erhöht. Wie im Monat zuvor nimmt mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer eine abwartende Haltung ein, wenngleich sich deren Quote von 53,6 auf 52,4 Prozent leicht reduziert hat. Als verschwindend gering kann man indes die aktuelle Verkaufsbereitschaft einordnen, die sich gegenüber dem Vormonat von 7,2 auf 5,2 Prozent gesunken ist.

Mit Blick auf die aktuelle Bewertung der Edelmetallpreise hat sich im Berichtszeitraum die Stimmung der Befragten stark verändert. Gegenwärtig stufen 65,4 Prozent der Anleger dieEdelmetallpreise als unterbewertet ein, während im Oktober lediglich 46,4 Prozent diese Einschätzung vertreten haben. Am zweithäufigsten herrschte die Ansicht, dass derzeit eine faire Bewertung existiere, wobei gegenüber dem Monat zuvor ein starker Rückgang von 41,2 auf 26,3 Prozent zu Buche schlug. Lediglich eine Minderheit von 8,3 Prozent der Befragten (Oktober: 12,4 Prozent) stuft die Edelmetallpreise in der gegenwärtigen Marktphase als überbewertet ein.

Im Zuge der freundlichen Markttendenz fiel die Beurteilung der weiteren Preisentwicklung der Edelmetalle während der kommenden drei Monate etwas skeptischer aus. Während im Oktober noch 54,2 Prozent der Befragten steigende Edelmetallpreise prognostiziert hatten, sank dieser Wert auf 48,5 Prozent. Leicht verstärkt hat sich hingegen die Ansicht, dass wir einen Seitwärtstrend sehen werden. Hier stellte sich im Berichtszeitraum nämlich ein Zuwachs von 35,9 auf 38,2 Prozent ein. Leicht gestiegen ist im November die Anzahl der Pessimisten, deren Quote sich innerhalb eines Monats von 9,9 auf 12,3 Prozent erhöht hat.

Urheber: Fancy/Veer/Corbis
Bildnummer: 97558026
Bildquelle: www.gettyimages.de


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