Viele Kapitalmarktexperten sorgen sich angesichts der explodierenden Verschuldung von Staaten, Unternehmen und Konsumenten um die langfristige Stabilität wichtiger Währungen wie dem Dollar und dem Euro und fordern deshalb ein Comeback des Goldstandards.

Massiver Vertrauensverlust bei Dollar und Euro

Um dies zu verdeutlichen, bietet sich ein Blick auf die Geldmengenentwicklung der USA und der Eurozone seit dem Jahr 2000 an. Dieser Zeitraum war von zahlreichen Krisen unterschiedlichster Art (Internet-Blase, US-Immobilienkrise, Euro-Krise, Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg) gekennzeichnet. Um deren Negativfolgen zu mildern, haben viele Regierungen Konjunkturpakete und Steuererleichterungen beschlossen, während Fed und EZB die Geldmenge vervielfacht haben. In den USA kletterte daraufhin die Geldmenge M2 um 16,5 Billionen auf fast 21,1 Billionen Dollar, während in der Eurozone im selben Zeitraum ein Zuwachs um 11,1 Billionen auf 16,3 Billionen Dollar registriert worden war.

Da die heutigen Währungssysteme ausschliesslich auf dem Vertrauen in die wirtschaftliche Stärke eines Landes und die Kompetenz ihrer Regierungen basieren, scheint ein gesundes Mass an Misstrauen und der Ruf nach dem Goldstandard eine nachvollziehbare Reaktion zu sein. Problem dabei: Bei einem Comeback des Goldstandards müsste die jeweilige Währung mit Gold hinterlegt sein. Bei einem Goldpreis von 2.500 Dollar pro Feinunze entspräche die oben erwähnte US-Geldmenge von 21,1 Billionen Dollar bspw. einer Goldmenge von über 262.000 Tonnen Gold. Tatsächlich belaufen sich laut World Gold Council die Goldreserven der USA auf „lediglich“ 8.133,5 Tonnen und die Reserven sämtlicher Zentralbanken auf weniger als 37.000 Tonnen.

Historisches über den Goldstandard

Der Goldstandard begann seinen weltweiten Siegeszug im England des 19. Jahrhunderts. Damals wurde für die Landeswährung ein staatlich festgesetzter Umtauschkurs vereinbart. Der aufgedruckte Wert des Papiergeldes war in Gold hinterlegt. Das Papiergeld konnte jederzeit in Gold konvertiert werden, wobei der Umtauschkurs stets gleich war. In den USA war der Dollar bis 1873 durch Silber und Gold hinterlegt (-> Bimetallismus). Durch den sogenannten „Coinage Act of 1873“ erfolgte der Übergang zu einer „reinen“ goldgedeckten Währung. Durch den „Gold Standard Act von 1900“ wurde der Goldstandard als offizielles Währungssystem der Vereinigten Staaten gesetzlich verankert. Dieser legte fest, dass der US-Dollar ausschliesslich durch Gold gedeckt sein sollte. Damals wurde das Umtauschverhältnis auf 20,67 Dollar pro Feinunze Gold festgelegt.

Während des Ersten Weltkriegs benötigten die involvierten Staaten viel Geld, um die Kriegskosten zu finanzieren. Mehrere Länder setzten daraufhin den Goldstandard ausser Kraft. In den USA wurde der Goldstandard zwar nicht vollständig aufgehoben, aber seine Anwendung wurde stark eingeschränkt. So wurde z.B. der direkte Goldumlauf teilweise ausgesetzt und die Bürger ermutigt, zur Finanzierung des Kriegs Staatsanleihen zu kaufen. Ausserdem wurde der Goldexport streng kontrolliert, um massive Goldabflüsse ins Ausland zu verhindern. In den 1920er Jahren florierte die US-Wirtschaft, was zu hohen Leistungsbilanzüberschüssen geführt hat. Mit dem Börsencrash von 1929 und der anschliessenden „Grossen Depression“ geriet der Goldstandard allerdings massiv unter Druck.

1933 hob der damalige US-Präsident Franklin D. Roosevelt die Bindung des Dollars an Gold faktisch auf und erliess ein Verbot von privatem Goldbesitz. Bürger wurden gezwungen, ihr Gold an die Regierung zum Preis von 35 Dollar pro Unze (zuvor 20,67 Dollar) zu verkaufen. Dadurch wurde der Dollar abgewertet und der Goldstandard im Inland abgeschafft, während er international bis 1971 weiterhin in Kraft blieb.

Niedergang und Ende des Goldstandards

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Rahmen des Bretton-Woods-Abkommens unter Führung der USA ein neues Währungssystem beschlossen. Dieses sah vor, dass der Dollar als internationale Leitwährung fungieren und andere Länder ihre Währungen an den Dollar binden sollten. Der Dollar selbst blieb weiterhin an Gold gebunden und die USA verpflichteten sich, ausländischen Regierungen und Zentralbanken Dollars gegen Gold zu einem festen Kurs von 35 US-Dollar pro Unze einzutauschen.

In den 1960er Jahren führten die hohen Kosten des Vietnamkriegs und steigende Staatsausgaben dazu, dass die USA immer weniger in der Lage waren, ihre Goldverpflichtungen einzuhalten. 1971 kündigte Präsident Richard Nixon („Nixon-Schock“) an, dass die USA die Konvertibilität des Dollars in Gold aussetzen würden. Dies besiegelte das Ende des Goldstandards und führte zu einem System flexibler Wechselkurse. Heute setzt kein Land der Welt auf den Goldstandard – über ein Comeback wird aber mehr denn je diskutiert.

Der grosse Charme des Goldstandards

Einige konservative Wirtschaftswissenschaftler und US-Politiker plädieren für ein Comeback des Goldstandards. Sie argumentieren, dass dieser Systemwechsel in der Geldpolitik dazu beitragen könnte, die Inflation zu kontrollieren und das Vertrauen in die Währung zu stärken. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts entstand in Wien die „Österreichische Schule zur Ökonomie“. Die Vertreter dieser Denkschule lehnen u.a. die Geldschöpfung durch Zentralbanken ab und fordern eine Rückkehr zum Goldstandard bzw. zu marktbasierten Währungen. Sie sind nämlich der Meinung, dass unregulierte Märkte am besten funktionieren und staatliche Eingriffe oft mehr Schaden (durch Fehlallokation bzw. Blasenbildung) anrichten als Nutzen bringen. Während seiner Präsidentschaft äusserte sich aber auch Donald Trump mehrfach positiv über eine potenzielle Rückkehr zum Goldstandard. Sollte er entgegen den aktuellen Umfragen die Wahl im Herbst gewinnen, könnte dieses Thema erneut diskutiert werden​.

Der Wunsch durch die Wiedereinführung des Goldstandards eine Disziplinierung der Geldpolitik und eine solidere Finanzpolitik der Regierungen zu erreichen, bringt jedoch einige Probleme mit sich. Laut World Gold Council erhöhen sich die globalen Goldbestände durch Minenproduktion um deutlich weniger als 4.000 Tonnen pro Jahr. Auf Basis des gegenwärtigen Goldpreises entspräche dies einem Wert von etwas mehr als 320 Milliarden Dollar. Dies dürfte definitiv nicht ausreichen, um den Bedarf einer goldgedeckten US-Währung mit dem gelben Edelmetall zu hinterlegen. Da ausserhalb der USA diverse Notenbanken bereits seit Jahren ihre Goldreserven aufstocken, dürfte eines relativ wahrscheinlich sein: Es gibt zu wenig Gold, um einer global agierenden Wirtschaft sowohl eine stabile Währung als auch eine ausreichende Versorgung mit Kapital zu gewährleisten.

Man darf daher gespannt sein, ob in Zukunft ein Land die Rückkehr zussm Goldstandard tatsächlich wagen wird, schliesslich müsste deren Regierung dadurch auf das komfortable und flexible „Geldschöpfen aus dem Nichts“ verzichten. Naturkatastrophen oder andere Krisen bzw. Kriege könnten dann noch verheerendere Folgen als bei einem Beibehalten der gegenwärtigen Fiat-Währungssysteme haben. Die vor 95 Jahren eingetretene Weltwirtschaftskrise wäre nach Ansicht zahlreicher Kapitalmarktexperten ohne Goldstandard höchstwahrscheinlich weniger depressiv ausgefallen.

Creator: Andrei Barmashov
File#: 1219842125
Bildquelle: www.istockphoto.com


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