Weder in den USA noch in der Eurozone sind bislang die von den Notenbanken vorgegebenen Zielwerte für die Inflation in Höhe von zwei Prozent p. a. erreicht worden. Zinssenkungen gelten dennoch als wahrscheinliches Szenario.

Senkung der US-Leitzinsen ante portas

Darauf deutet zumindest das FedWatch-Tool des US-Terminbörsenbetreibers CME Group hin. Ob bei der nächsten Fed-Sitzung am 18. September eine Zinsreduktion erfolgen wird, steht gar nicht zur Debatte. Es stellt sich lediglich die Frage, wie hoch diese ausfallen wird. Aktuell zeigt das Tool eine Wahrscheinlichkeit von 49,5 Prozent an, dass ein Zinsschritt um 25 Basispunkte beschlossen wird. Mit 50,5 Prozent gilt eine Erhöhung um 50 Basispunkte sogar um einen Tick wahrscheinlicher. Bis Ende des Jahres sollen die Leitzinsen mindestens 100 Basispunkte niedriger als gegenwärtig ausfallen, wofür ein Wahrscheinlichkeitswert von 82 Prozent angezeigt wird.

Bereits am 12. September rechnen viele Analysten damit, dass die Europäische Zentralbank eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte verkünden wird. Die miserable Konjunktur würde einen solchen Schritt sicherlich rechtfertigen, zumal mittlerweile auch die US-Wirtschaft Gefahr läuft, in eine Rezession abzurutschen. In Europa weisen derzeit bereits folgende Länder beim BIP-Wachstum negative Vorzeichen aus: Dänemark (–1,4 Prozent), Lettland (–1,1 Prozent), Island (–0,9 Prozent), Schweden (–0,8 Prozent), Estland (–0,5 Prozent), Ungarn (–0,2 Prozent) und Deutschland (–0,1 Prozent).

Energie billiger, Dienstleistungen teurer!

Das vom Statistischen Bundesamt für den Monat Juli vorgelegte Zahlenwerk zur aktuellen Inflationslage wies einen leichten Anstieg der Teuerung aus. Im Juli 2024 betrug die Inflationsrate in Deutschland 2,3 Prozent p. a. und entsprach damit dem von Analysten prognostizierten Erwartungswert. Dies stellt einen leichten Anstieg gegenüber der Rate von 2,2 Prozent im Juni 2024 dar. Besonders auffällig waren die Preisanstiege im Dienstleistungssektor, die mit 3,9 Prozent überdurchschnittlich hoch ausfielen, während die Preise für Waren nur um 0,9 Prozent stiegen. Bei der Kerninflation, die Lebensmittel und Energie nicht berücksichtigt, war sowohl für Deutschland als auch für die Eurozone ein unveränderter Wert von 2,9 Prozent gemeldet worden.

Im Juli gab es hinsichtlich der Preisentwicklung zwei auffällige Entwicklungen zu beobachten. Auf der einen Seite haben sich Energieprodukte gegenüber dem Vorjahresmonat um 1,7 Prozent (Juni: –2,1 Prozent) verbilligt. Besonders deutlich bergab ging es mit den Preisen für Brennholz, Holzpellets oder anderen festen Brennstoffen (–13,9 Prozent), Strom (–6,2 Prozent) und Erdgas (–3,3 Prozent). Auf der anderen Seit gab es aber kräftige Preiszuwächse bei Dienstleistungen zu beobachten. Diese wiesen auf Jahressicht ein Plus von 3,9 Prozent aus. Die heftigsten Steigerungen waren bei Versicherungen (+13,9 Prozent), bei Dienstleistungen sozialer Einrichtungen (+8,1 Prozent) und in der Gastronomie (+6,7 Prozent) registriert worden, während sich internationale Flugtickets (–1,8 Prozent) und Telekommunikationsdienstleistungen (–0,2 Prozent) verbilligt haben.

Realzinsen in den USA bald negativ?

Mitte August erfuhren die Investoren, wie sich in den USA die Inflation entwickelt hat. Bei den Produzentenpreisen, die als wichtiger Frühindikator für die Konsumentenpreise fungieren, stellte sich im Juli ein Rückgang von 2,7 auf 2,2 Prozent p. a. ein, während bei der Kernrate eine Reduktion von 3,0 auf 2,4 Prozent p. a. zu Buche schlug. Bei den Konsumentenpreisen stellte sich eine Verlangsamung der Teuerungsrate von 3,0 auf 2,9 Prozent p. a. ein. Dies führte zuletzt zu sinkenden Realzinsen, schliesslich übertreffen die zehnjährigen US-Renditen mit 3,9 Prozent die Inflation nicht mehr sonderlich stark. Zur Erinnerung: Ende April warfen US-Staatsanleihen zeitweise mehr als 4,7 Prozent ab.

In der Theorie gelten Marktphasen mit negativen Realzinsen aufgrund der damit verbundenen Opportunitätskosten (Goldbesitzer müssen auf Zinsen verzichten) als vorteilhaft für den Goldpreis. Doch in der Praxis funktionieren vor allem in unsicheren Zeiten Gesetzmässigkeiten alles andere als zuverlässig. Bislang haben positive Realzinsen dem gelben Edelmetall aus den folgenden Gründen kaum geschadet. Erstens: Unter geopolitischen Aspekten spricht aufgrund der Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine sowie der zahlreichen Krisenherde in der Welt wenig bis nichts für den Verkauf von Gold – zumindest unter langfristigen Aspekten. Zweitens: Die Schuldentragfähigkeit wichtiger Industriestaaten dürfte im Zuge der gestiegenen Schuldenberge bei sich eintrübenden Konjunkturperspektiven eher verschlechtern als verbessern, was mit Blick auf das bei Anleihen generell vorhandene Kontrahentenrisiko die Anziehungskraft bzw. Attraktivität von Gold erhöhen dürfte. Deshalb sollten Geldanleger die folgende Gesetzmässigkeit stets im Hinterkopf behalten: Gold in physischer Form hat seit seinem Aufstieg zur weltweit handelbaren Krisenwährung noch nie einen Totalverlust erlitten.

Als Vermögens- und Inflationsschutz dürfte das gelbe Edelmetall auch in Zukunft erste Wahl bleiben, schliesslich gilt die Ölversorgung der Welt angesichts der drohenden Kriegsgefahr im Nahen Osten derzeit alles andere als sicher. Ausserdem könnte der fortschreitende Klimawandel in der Landwirtschaft zu Ernteeinbussen bzw. Preissteigerungen im Nahrungsmittelsektor führen. Und eine Lohn-Preis-Spirale kann angesichts des Mangels an qualifizierten Mitarbeitern auch nicht ausgeschlossen werden.

BIldnachweis: Christian Horz
Bildnummer: 1287874390
Bildquelle: www.istockphoto.com


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