Nach coronabedingten Ausfällen in 2020 und 2021 findet das Münchner Oktoberfest in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge wieder statt. Die krisengebeutelte Branche der Gastronomie- und Schaustellerbranche sowie die Millionen Gäste wird es freuen. Für ordentlich Gaudi wird auch Elisabeth Polaczy sorgen. Sie betreibt nämlich zusammen mit ihrer Familie das „Teufelsrad“.

Mit ihr führte pro aurum ein Interview über das Geschäft mit der etwas anderen Vergnügungsform, an der sich in frühen Jahren sogar das Münchner Komikerduo Karl Valentin und Liesl Karlstadt erfreut hatten. Von der heutigen Betreiberin erfuhren wir ausserdem so manch interessante, ganz persönliche Wiesn-Anekdote.

pro aurum: Das Teufelsrad wurde erstmals im Jahr 1908 auf der damaligen Wiesn vorgestellt und geniesst unter vielen Besuchern mittlerweile Kultstatus. Möchten Sie den Nicht-Oktoberfest-Profis das Prinzip dieser geradezu genialen Geschäftsidee in einigen Sätzen kurz vorstellen?

Elisabeth Polaczy: Das Prinzip ist relativ einfach erklärt. Bei dem Teufelsrad handelt es sich um eine drehende Scheibe, auf der sich mehrere Personen möglichst lange aufhalten möchten. Durch die Fliehkraft fliegen die Leute dann aber irgendwann runter und diejenigen, die der Fliehkraft zu lange widerstehen, versuchen wir, mit einem Ball herunterzuschleudern. Die ganz Hartnäckigen werden zu guter Letzt mit einem Seil heruntergezogen. Und dies gefällt dem Publikum bereits seit über hundert Jahren. Besonders interessant: Für das Eintrittsgeld kann man sich ohne Zeitlimit, also theoretisch den ganzen Tag in unserem Zelt vergnügen. Der Eintrittspreis für Kinder liegt bei einem Euro, Erwachsene zahlen fünf Euro. Am Familientag zahlen Erwachsene vier Euro und Kinder null Euro.

Für gute Stimmung sorgen in der Regel die Sprüche und Kommentare der sogenannten „Rekommandeure“. Wodurch zeichnet sich eine solche Fachkraft aus und herrscht in diesem Nischen-Personalbedarf ebenfalls eine Mangellage?

In diesem Bereich sind wir vom Fachkräftemangel nicht betroffen. Wir sind nämlich ein reiner Familienbetrieb, in dem mein Bruder Franz Fesenmayer und mein Neffe Ludwig Kugler als „Rekommandeure“ besonders stark eingespannt sind und durch die beiden Münchner Originale Winfried Frey und Horst Herrmann unterstützt werden, von denen Letztgenannter bereits seit ungefähr 25 Jahren für uns arbeitet. Die Bezeichnung „Fachkraft“ trifft meiner Meinung nach bei einem „Rekommandeur“ ohnehin nicht zu, schliesslich besteht dessen Tätigkeit nicht ausschliesslich im Kommentieren dessen, was auf der Platte passiert. Dieser muss vor allem sehr spontan sein, weil jede Fahrt anders verläuft und deshalb ein Konzept oder eine konkrete Anleitung nicht existiert und auch nicht hilfreich wäre. Einige meiner Bekannten wollten des Öfteren spasseshalber auch das Mikro übernehmen und haben aber schnell wieder aufgegeben – der Job sieht leichter aus, als er ist.

In Zeiten von „Digitalisierung“ und „Virtual Reality“ scheint unter den Menschen echte Gaudi in physischer Form weiterhin hoch im Kurs zu stehen. Woran liegtIhrer Meinung nach der offensichtlich zeitlose Reiz dieser Form des Vergnügens?

Also Digitalisierung spielt in unserem Zelt wirklich keine Rolle. Im Gegensatz dazu scheinen beim „Teufelsrad“ gerade das Simple und Einfache der Erfolgsgarant zu sein. Für jeden Besucher scheint es das Höchste der Gefühle zu sein, als Letzter vom „Teufelsrad“ zu fliegen – und dies, obwohl man für diese Leistung keine Belohnung erhält. Bei uns lautet das Motto nicht: Noch höher, noch schneller oder noch weiter. Wir überzeugen durch Tradition und Einfachheit – und ein bisschen Schadenfreude gehört sicherlich auch dazu.

Die beiden Branchen Gastronomie und Schausteller haben in den vergangenen Jahren corona- und inflationsbedingt besonders stark gelitten und befinden sich nach wie vor unter Druck. Wie stufen Sie deren allgemeine Lage und die Ihres eigenen Unternehmens angesichts des herausfordernden Marktumfelds gegenwärtig ein?

Ich halte nichts vom Jammern. Auf der Wiesn dabei zu sein, halte ich für ein grosses Privileg. Für mich persönlich ist die Teilnahme am Münchner Oktoberfest schon immer eine grosse Freude und sehr wichtig gewesen.

… und möchten Sie hinsichtlich der Zukunft einen Blick in die Glaskugel wagen? Wo sollte die Politik mit Blick auf Gewerbetreibende unbedingt verbesserte Rahmenbedingungen schaffen?

Die Bürokratie wirksam einzudämmen, wäre sicherlich eine gute Idee. Mit den Anforderungen des TÜV hinsichtlich der Sicherheit unseres Fahrgeschäfts bin ich aber prinzipiell einverstanden, schliesslich sollte die Sicherheit der Besucher stets höchste Priorität geniessen. Am allerglücklichsten sind wir alle natürlich, wenn auf der Wiesn nichts Schlimmes passiert.

Als Betreiberin des Teufelsrads haben Sie im Laufe der Zeit sicherlich viel erlebt. Haben Sie möglicherweise eine ganz persönliche Anekdote parat, welche unseren Lesern die „Faszination Oktoberfest“ besonders gut vermittelt?

Neben diversen prominenten Mitfahrern hat uns drei Jahre in Folge eine mehr als 100 Jahre alte Dame besucht, die sich unter grossem Applaus – zusammen mit meinem Neffen und winkend wie die englische Königinmutter – im Rahmen einer Sonderfahrt auf das „Teufelsrad“ gewagt hat. Besonders gern erinnere ich mich auch an den regelmässigen Besuch der „Barmherzigen Schwestern“ aus dem Münchner Krankenhaus Neuwittelsbach, die mich und meine Schwester bei der Betreuung der früheren Teufelsrad-Besitzerin bzw. -Betreiberin Betty Feldl sehr unterstützt haben.

Zu guter Letzt noch eine Frage zur privaten Altersvorsorge: Welche Strategie verfolgen Sie bei der Vermögensbildung für den wohlverdienten Ruhestand? Gibt es Anlageklassen, denen Sie ein besonders grosses Gewicht einräumen?

Also ich persönlich favorisiere vor allem zwei Anlageklassen: Immobilien und Edelmetalle wie Gold. Da Wohnungen immer gebraucht werden, habe ich damit in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen gemacht. Was mir in diesem Zusammenhang allerdings nicht so sehr gefällt, ist das deutsche Erbschaftsrecht. In meiner Familie wurden Immobilien teilweise bereits zum vierten Mal mit Erbschaftsteuer belastet. Ich denke, dass eine Reduktion dieser Abgaben sicherlich vielen Familienunternehmern helfen würde.

Bildquelle: Photogenika


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