Die jüngste Rallye im Goldmarkt, die zu einem Allzeithoch von rund 2.195 US-Dollar pro Feinunze geführt hat, hat viele Experten aufgrund ihrer Dynamik überrascht. Das Handelsblatt macht sich auf Spurensuche und versucht, die verschiedenen Gründe für den Gold-Boom zu erfassen. Denn die wachsende Erwartung an Zinssenkungen mag zu diesem Aufschwung beitragen, doch allein damit lässt sich die Situation nicht vollständig erklären. Die Marktexperten gehen davon aus, dass neben den Zinserwartungen eine Vielzahl anderer Faktoren zur aktuellen Gold-Rallye beigetragen haben, und rechnen mittelfristig mit weiter steigenden Preisen, jedoch kurzfristig auch mit einer möglichen Korrektur.

Der Goldpreis erlebt nach Einschätzung des Handelsblatts einen starken Anstieg hauptsächlich aufgrund der steigenden physischen Nachfrage nach Gold, insbesondere aus China. Nitesh Shah von Wisdomtree erklärt, dass dieser Trend der Zentralbankkäufe möglicherweise für ein weiteres Jahrzehnt oder länger anhalten könnte, da die Zentralbanken der Schwellenländer vergleichsweise wenig Gold halten und sich durch Goldkäufe gegen mögliche Sanktionen absichern. Obwohl die physische Nachfrage bisher weniger Einfluss auf die Goldpreisbildung hatte, gewinnt sie nun an Bedeutung, wie auch der World Gold Council berichtet. Die Zentralbanken haben im Januar grosse Mengen Gold gekauft, was zusammen mit der physischen Nachfrage aus China und Indien den Goldpreis gestützt hat.

John Reade vom World Gold Council sieht den unmittelbaren Grund für den Preisanstieg Anfang März jedoch eher in den Terminmärkten in den USA, während die chinesische Nachfrage sich verlangsamt haben könnte. Auf dem Terminmarkt in New York, der Comex, stieg dem Bericht zufolge in der vergangenen Woche die Anzahl der offenen Futures-Positionen zum Goldpreis um etwa 80.000 Kontrakte, was einem Volumen von rund 240 Tonnen Gold entspricht. Dies deutet laut John Reade darauf hin, dass neue spekulative Long-Positionen eingegangen sind, was bedeutet, dass Händler auf steigende Preise wetten.

Auch UBS-Analyst Giovanni Staunovo stimmt im Gespräch mit dem Handelsblatt zu, dass die Zentralbankkäufe den Goldpreis gestützt haben könnten, aber der kurzfristige Auftrieb sei nach seiner Vermutung auch vom Futures-Markt gekommen, wo es zum Aufbau von Long-Positionen und zum Abbau von Short-Positionen gekommen sein könnte. Wenn viele Short-Händler gleichzeitig ihre Positionen auflösen, steigt der Preis, was einen Dominoeffekt auslösen könnte. Allerdings zweifelt Adrian Ash von Bullionvault an dieser Theorie und weist darauf hin, dass die Daten der Commodity Futures Trading Commission zeigen, dass in der letzten Februarwoche mehr Long- als Short-Positionen eingegangen sind. Trotz eines starken prozentualen Anstiegs der Long-Positionen liegen die Netto-Long-Positionen nur auf einem Neun-Wochen-Hoch.

Der Goldpreis könnte zuletzt auch durch geopolitische Risiken angetrieben worden sein. Ein Beispiel dafür ist der Anstieg des Goldpreises nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023, der jedoch später wieder nachliess. Viele Anleger haben sich möglicherweise darauf eingestellt, dass der Konflikt begrenzt bleibt. Doch angesichts anhaltender Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer erkennen viele nun, dass der Konflikt länger dauern könnte, und sichern sich dementsprechend ab.

Spekulative Händler an der Comex lassen sich allerdings weniger von politischen Faktoren, sondern vielmehr von technischen Indikatoren leiten, was auch von Experten wie WGC-Chefmarktstratege Reade und Goldhändler Alexander Zumpfe im Handelsblatt bestätigt wird. Der Anstieg des Goldpreises über das bisherige Allzeithoch könnte technisch orientierte Anschlusskäufe ausgelöst haben, wobei fundamentale Risiken und technische Handelssignale möglicherweise eng miteinander verbunden sind.

Die historischen Daten zeigen, dass Gold in der Vergangenheit mehrmals an vier aufeinanderfolgenden Tagen ein Allzeithoch erreicht hat – allerdings sind solche Aufwärtsphasen extrem selten. Was die Preiserwartungen der Analysten betrifft, so prognostizieren sowohl Shah als auch UBS-Analyst Staunovo deshalb kurzfristig eine Korrektur am Goldmarkt, aber mittelfristig erwarten beide steigende Preise. Shah sieht ein Preisziel von 2.210 US-Dollar pro Unze bis zum Jahresende, während Staunovo ein Potenzial bis zu 2.250 US-Dollar erkennt. Auch Evangelista von ActivTrades ist optimistisch und sieht das Potenzial für Kurse von möglicherweise über 2.200 Dollar, da der Widerstand bei 2.100 Dollar überwunden wurde. Alexander Zumpfe, ein Heraeus-Goldhändler, erwartet ebenfalls Preise von bis zu 2.250 US-Dollar pro Unze für dieses Jahr, jedoch mit einer vorübergehenden Konsolidierung aufgrund der überkauften Lage des Marktes.

Bildnachweis: Olivier Le Moal
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Bildquelle: istockphoto.com


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