Das Jahr 2023 ist mit Blick auf die Weissmetalle Silber, Platin und Palladium ziemlich turbulent verlaufen, wobei sich das monetäre Edelmetall Silber noch am besten behauptet hat. Bei Platin und Palladium überwog hingegen eindeutig die schlechte Laune.

Anhaltende Talfahrt bei Palladium

Während bei Silber in diesem Jahr immerhin nur ein Mini-Minus von 0,5 Prozent zu Buche schlug, haben Platin (–12,9 Prozent) und Palladium (–33,8 Prozent) stark enttäuscht (Stand: 19.12.23). Die Outperformance von Silber dürfte in erster Linie auf seinen monetären Charakter und die Wahrnehmung als Krisenwährung zurückzuführen gewesen sein. Weil Platin und Palladium vor allem in der Automobilindustrie zur Herstellung von Katalysatoren zum Einsatz kommen und die Zukunft von Fahrzeugen mit konventionellem Antrieb derzeit nicht sonderlich rosig aussieht, sollte man sich über deren schlechte diesjährige Performance nicht zu sehr wundern.

Das Auf und Ab der Weissmetalle fällt erfahrungsgemäss deutlich heftiger als beim gelben Edelmetall aus. In diesem Jahr bewegte sich zum Beispiel der „sichere Hafen“ Gold innerhalb einer Trading Range von 15 Prozent, während bei Silber (30 Prozent) und Platin (34 Prozent) sowie bei Palladium (95 Prozent) deutlich stärkere Kursschwankungen zu beobachten waren. Ein ähnliches Ergebnis liefert übrigens auch die Risikokennzahl Volatilität. Auf Basis der vergangenen 250 Tage wird für Palladium mit 50 Prozent die mit Abstand höchste Volatilität ausgewiesen, gefolgt von Platin (33 Prozent) und Silber (31 Prozent). Zum Vergleich: Bei Gold wird ein Wert von lediglich 17 Prozent angezeigt.

Aus finanzmathematischer Sicht lässt sich dies folgendermassen interpretieren: Der Kauf von Gold birgt derzeit die geringste Verlustgefahr, während ein Investment in Palladium als überdurchschnittlich riskant anzusehen ist. Anfang Dezember sank der Preis dieses Edelmetalls übrigens auf den tiefsten Stand seit über fünf Jahren. Heftige Verwerfungen gab es in diesem Jahr aber auch zwischen den beiden Schwestermetallen Platin und Palladium zu vermelden. Vor 15 Jahren kostete die Feinunze Platin fünfmal mehr als Palladium – im Dezember 2023 muss man für Palladium 20 Prozent mehr bezahlen als für Platin.

Autoindustrie befindet sich im Umbruch

Dass die Zukunft von Autos mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren durch ein hohes Mass an Verunsicherung gekennzeichnet ist, dürfte vor allem der Beschluss der EU zum Ausdruck bringen, dass ab dem Jahr 2035 nur noch CO2-freie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Zahlreiche Autobauer planen auf lange Sicht den Komplettausstieg aus dieser Technologie. Der verstärkte Absatz von Elektrofahrzeugen führt bereits heute zu einer nachlassenden Nachfrage bei Platin und Palladium, schliesslich wird Platin vor allem in Abgaskatalysatoren von Dieselfahrzeugen verarbeitet, während in Benzinfahrzeugen vor allem Palladium zum Einsatz kommt.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, zeigte sich von den heftigen Rückschlägen bei Platin und Palladium überrascht, was insbesondere auf den Negativtrend bei Platin zutrifft. Grundsätzlich gilt dieses Edelmetall nämlich als deutlich seltener als Gold. Von 1997 bis 2016 musste man für Platin meist mehr bezahlen als für Gold. Mittlerweile übertrifft jedoch der Goldpreis den Platinpreis um mehr als das Doppelte, was durch das Gold-Platin-Ratio besonders gut zum Ausdruck kommt. Edelmetallprofi Hartmann sieht derzeit einen hohen Bedarf bei Brennstoffzellen, die Wasserstoff in Elektroenergie umwandeln, obgleich diese Technologie derzeit weniger forciert wird als die Elektromobilität. Er sagt: „Global betrachtet besteht hier erhebliches Nachholpotenzial und daraus resultierend ausgesprochen gute Nachfrageperspektiven. Deshalb halte ich persönlich an meinem Platinbestand fest und baue ihn darüber hinaus an kursschwachen Tagen aus.“

Laut dem aktuellen Quartalsbericht (Q3 2023) des World Platinum Investment Council sollen 2023 ein Rekorddefizit von 1,07 Millionen Feinunzen und 2024 eine Fehlmenge von immerhin 353.000 Unzen zu Buche schlagen, was normalerweise als gutes Umfeld für steigende Platinpreise interpretiert wird. Verglichen mit Palladium kann man Platin eine heterogenere Nachfragestruktur attestieren, schliesslich gingen in diesem Jahr 40 Prozent der Nachfrage auf das Konto der Katalysatorenhersteller, 32 Prozent verteilten sich auf diverse andere Industrien, während immerhin 23 Prozent in die Schmuckbranche und fünf Prozent in den Investmentsektor geflossen sind.

Bei Palladium, dessen Handel als besonders illiquide gilt, war 2023 vor allem unter den Terminspekulanten die Stimmung absolut im Keller. Mit einer Netto-Short-Position (mehrheitlich pessimistisch gestimmt) von über 11.000 Kontrakten erwies sich im Dezember vor allem unter Grossspekulanten (Non-Commercials) die Stimmung so schlecht wie noch nie. Auch Kleinspekulanten (Non-Reportables) waren in diesem Jahr die meiste Zeit netto short, wenngleich in einem deutlich geringeren Ausmass.

In der Vergangenheit erwiesen sich solch extreme Stimmungstiefs häufig als Ausgangsbasis für einen Trendwechsel. Dies könnte auch diesmal der Fall sein, schliesslich legte der Palladiumpreis Anfang Dezember einen Rebound von in der Spitze fast 30 Prozent hin und generierte dadurch beim Timing-Indikator Relative-Stärke-Index mit dem Verlassen der überverkauften Zone (< 30 Prozent) ein klares charttechnisches Kaufsignal.

Silber: hochgradig nützlich und aussichtsreich

Starke Turbulenzen verzeichnete in der ersten Jahreshälfte auch der Silberpreis, der sich zunächst um in der Spitze 18 Prozent reduzierte, um sich danach wieder um bis zu 30 Prozent zu erholen. Nach mehreren Aufs und Abs notiert das mit grossem Abstand günstigste Edelmetall aktuell in etwa auf dem Niveau von Ende 2022. Während sich bei Platin und Palladium die Automobilindustrie eher als Bremsklotz erwiesen hat, profitierte Silber vom Boom der Elektromobilität und der fortschreitenden Technisierung der Fahrzeuge, da in Neuwagen immer mehr Silber verarbeitet wird.

Dank seiner physikalischen Eigenschaften und der daraus resultierenden Multifunktionalität kommt Silber aber auch in vielen anderen Branchen zum Einsatz wie z. B. Photovoltaik, Schmuck, Silberware, Elektronik, Medizin, Chemie, Legierungen, Kugellager, Wasseraufbereitung sowie analoge Fotos. Dadurch kann man die Nachfragestruktur – trotz ihres konjunktursensitiven Charakters – als sehr vielschichtig einstufen. In der Vergangenheit wurde ungefähr die Hälfte des globalen Silberangebots industriell verarbeitet und die andere Hälfte von Investoren als monetäres Edelmetall genutzt.

Silber kann man derzeit erhebliches Nachholpotenzial attestieren – zum einen, weil es von seinem im Jahr 2011 markierten Rekordhoch von mehr als 50 Dollar noch „meilenweit“ entfernt ist, und zum anderen, weil es sich in den vergangenen zwölf Monaten deutlich schwächer entwickelt hat als Gold. Denn normalerweise korreliert es sehr stark mit dem gelben Edelmetall und verfügt zudem über eine Hebelwirkung gegenüber Gold. Dieses Nachholpotenzial scheint mittlerweile vor allem ein Land erkannt zu haben: Indien. Mit 1.829 Tonnen hat das Schwellenland laut der Researchgesellschaft Metals Focus im Oktober die höchsten Silberimporte seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 2008 verzeichnet. Neben dem Ausbau der Solarkapazitäten dürfte auch die Hochzeitssaison im November bzw. Dezember und die daraus resultierende erhöhte Schmucknachfrage hierfür verantwortlich gewesen sein.

Edelmetallexperte Hartmann weist darauf hin, dass sich Silber seit geraumer Zeit in einer aussichtsreichen charttechnischen Ausgangslage befindet. Nicht wenige Analysten würden daraus für die kommenden drei Jahre einen massiven Preisanstieg in Richtung Allzeithoch ableiten. Zudem merkt Hartmann an: „Auch fundamental betrachtet ist die Story für das monetäre Edelmetall Silber weiterhin intakt. Und dies gilt, solange bei den zinstragenden Anlageklassen real nichts zu verdienen ist.“

Bildquelle: Firefly_94007


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