Der World Gold Council (WGC) veröffentlichte Ende April seinen Marktbericht „Gold Demand Trends“ über die Entwicklung von Angebot und Nachfrage im ersten Quartal 2022. Dieser war vor allem durch einen starken Anstieg der Goldnachfrage gekennzeichnet.

Nachfrage übertrifft Angebot deutlich

Der von der London Bullion Market Association (LBMA) ermittelte durchschnittliche Goldpreis hat sich in Q1 2022 gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode von 1.794 auf 1.877 Dollar (+4,6 Prozent) verteuert. Angesichts der deutlich gestiegenen Kriegs- und Inflationsängste dürfte dies keine große Überraschung darstellen, schließlich ging es mit der globalen Goldnachfrage deutlich dynamischer bergauf als mit dem Angebot an Gold.

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So meldete der WGC insgesamt einen Anstieg der Goldnachfrage von 919,1 auf 1.234,0 Tonnen (+34,3 Prozent), was dem höchsten Wert seit über drei Jahren entsprach. Zudem wurde damit der Fünfjahresdurchschnitt um 19 Prozent übertroffen. Dieser Nachfrageboom war vor allem auf den enormen Goldhunger von ETF-Investoren zurückzuführen. In diesem Marktsegment waren in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres nämlich Zuflüsse im Volumen von 268,8 Tonnen registriert worden, während im vergleichbaren Vorjahresquartal Abflüsse in Höhe von 170,0 Tonnen zu Buche schlugen. Gold-ETFs wurden vor allem in Nordamerika (plus 171 Tonnen) und Europa (plus 111 Tonnen) massiv gekauft. Diesseits des Atlantiks floss besonders fiel Gold in britische ETFs (plus 78 Tonnen), gefolgt von deutschen (plus 23 Tonnen) und französischen (plus 9 Tonnen). Mit weltweiten ETF-Goldbeständen von 3.836 Tonnen (Marktwert: 240 Mrd. Dollar) fehlte Ende März nicht mehr viel, um die bisherigen Rekorde von 3.922 Tonnen bzw. 253 Mrd. Dollar zu übertreffen.

Deutlich weniger erfreulich entwickelte sich allerdings das Geschäft mit Barren (–22,4 Prozent), Münzen (–17,1 Prozent) und Medaillen (–3,7 Prozent). Hier stellte sich nämlich bei der Gesamtnachfrage dieses Segments auf Jahressicht ein kräftiger Rückgang von 351,8 auf 281,9 Tonnen (–19,9 Tonnen) ein. Besonders starke Einbrüche waren für China (minus 43 Prozent auf 49 Tonnen) und die Türkei (minus 77 Prozent auf 10 Tonnen) gemeldet worden. Ungeachtet dessen verzeichnete das Marktsegment „Investment“ im Berichtszeitraum per Saldo mehr als eine Verdreifachung der Nachfrage von 181,8 auf 550,7 Tonnen (+202,9 Prozent).

Nachfrageschwäche im Schmucksektor

Besonders interessant: Die globale Schmucknachfrage verzeichnete im ersten Quartal einen Rückgang und fiel dadurch sogar etwas niedriger als die Investmentnachfrage aus. Normalerweise gilt an den physischen Goldmärkten die Schmuckbranche weltweit als wichtigste Nachfragegruppe. Auf Jahressicht war hier ein Rückgang von 538,7 auf 517,8 Tonnen (–3,9 Prozent) gemeldet worden. Ohne das Aufstocken von Lagerbeständen wäre das Minus mit 6,9 Prozent sogar deutlich höher ausgefallen. Diese Nachfrageschwäche war sowohl in China als auch in Indien, den beiden wichtigsten Nachfrageländern, zu beobachten. Besonders stark nachgelassen hat das Schmuckinteresse in Indien, wo ein regelrechter Einbruch von 126,5 auf 94,2 Tonnen (–25,5 Prozent) zu beklagen war. In China stellte sich ein vergleichsweise moderates Minus von 193,8 auf 177,5 Tonnen (–8,4 Prozent) ein.

Signifikante Nettokäufe gab es im ersten Quartal im Notenbankensektor zu beobachten. Diese übertrafen mit per Saldo 83,8 Tonnen das Vorquartal zwar um mehr als das Doppelte, verglichen mit Q1 2021 – als netto 117,5 Tonnen Gold gekauft wurden – fiel das Interesse der Zentralbanken jedoch um 28,7 Prozent geringer aus. Im vergangenen Quartal gab es nicht nur auffällige Käufe, sondern auch einige markante Verkäufe von Zentralbanken zu beobachten. Die stärkste Kauflaune verspürten die „Währungshüter“ aus Ägypten (plus 44 Tonnen), der Türkei (plus 37 Tonnen) und Indien (plus 6 Tonnen), während Kasachstan (minus 34 Tonnen) und Usbekistan (minus 25 Tonnen) im großen Stil Goldverkäufe getätigt haben. In der Vergangenheit sind übrigens beide Goldförderländer (insbesondere bei hohem Goldpreis) bereits des Öfteren durch das aktive Management ihrer Goldreserven in Erscheinung getreten.

Keine größeren Veränderungen der Goldnachfrage hat der Industriesektor verzeichnet, der in die drei Teilsegmente Elektronik, andere Industrien und Dentalbranche untergliedert ist und in den vergangenen Quartalen stets als relativ unbedeutend und wenig volatil galt. Gegenüber dem Vorjahresquartal meldete der WGC für diese Gruppe von Marktakteuren lediglich einen marginalen Zuwachs von 81,0 auf 81,7 Tonnen (+0,9 Prozent).

Globales Goldangebot nur moderat im Plus

Auch bei der Entwicklung des globalen Goldangebots gab es im Berichtszeitraum positive Vorzeichen zu verkünden, allerdings konnten diese mit dem Nachfrageboom keinesfalls mithalten. Bereinigt um Transaktionen zur Preisabsicherung stellte sich ein Angebotszuwachs von 1.108,8 auf 1.156,6 Tonnen (+4,3 Prozent) ein. So kletterte zum Beispiel die Minenproduktion von 834,6 auf 856,5 Tonnen (+2,6 Prozent), wobei dem größten Goldförderland China eine Steigerung um fünf Prozent und der Nummer drei Australien ein Plus von sechs Prozent p. a. gelang. Deutlich erfreulicher entwickelte sich der Recyclingsektor. Dank des gestiegenen Goldpreises hat sich dessen Produktionsmenge von 269,3 auf 310,5 Tonnen (+15,3 Prozent) erhöht.

Der Ausblick des World Gold Council beinhaltete hinsichtlich der weiteren Entwicklung am Goldmarkt folgende sechs Einschätzungen:

  • Der aktuelle makroökonomische Ausblick birgt ein hohes Maß an Prognoseunsicherheit
  • Der WGC rechnet 2022 mit einer höheren Investorennachfrage als im Vorjahr
  • Die Schmucknachfrage wird wahrscheinlich durch den hohen Goldpreis und die eingetrübten Konjunkturperspektiven belastet
  • Bei den Notenbanken wird mit anhaltenden Nettokäufen gerechnet
  • Die Minenproduktion wird 2022 aller Voraussicht nach solide wachsen
  • Beim Recycling von Gold werden für 2022 ebenfalls Zuwächse erwartet

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