Von Alexander Köhne, Vertriebsleiter der pro aurum GmbH

Das Jahr 2023 war bislang dadurch gekennzeichnet, dass sich diverse Parameter des Goldpreises wie die Zinsen oder die Inflation kontraproduktiv entwickelt haben. Trotz einer Schwächephase im Sommer zeichnete sich die Krisenwährung dennoch durch ein hohes Mass an Stabilität aus.

In der ersten Jahreshälfte kletterte der Preis für eine Feinunze Gold zeitweise sogar über die psychologisch wichtige Marke von 2.000 Dollar, was u. a. auf die drohende Zahlungsunfähigkeit der USA zurückzuführen war. Nachdem sich Demokraten und Republikaner allerdings auf ein Anheben der Schuldenobergrenze geeinigt hatten, kam sowohl im ETF-Sektor als auch an den Terminmärkten erheblicher Verkaufsdruck auf. Da sich wichtige Aktienmärkte im Frühsommer stark erholt hatten, belasteten aufkommende Zinssorgen das Interesse an Gold und damit auch dessen Preis.

Berechtigter Ruf als „ewige Krisenwährung“

Ungeachtet dieser leicht negativen Tendenz hat sich das gelbe Edelmetall in den ersten neun Monaten des Jahres auf Dollarbasis leicht verbilligt und in Euro gerechnet etwas verteuert und dadurch vor allem eines bewiesen: Stabilität. Dies dürfte vor allem daran gelegen haben, dass für Geldanleger die Marktlage unter geo-, finanz-, konjunktur- und allgemeinpolitischen Aspekten durch eine starke Verunsicherung gekennzeichnet ist und ein Goldinvestment daher weiterhin ausgesprochen sinnvoll erscheint. Trotz seines hohen Alters von mehreren Tausend Jahren vereint Gold in physischer Form nach wie vor die Attribute „zeitlos“ und „modern“ und wird deshalb relativ häufig als „Krisenwährung für die Ewigkeit“ bezeichnet.

Gold zeichnet sich vor allem durch seine Schutzfunktion aus, wobei viele Goldbesitzer als wichtigstes Kaufargument weniger das Erzielen hoher Renditen als vielmehr den langfristigen Kaufkrafterhalt angeben. Denn eines sollte man dabei stets im Hinterkopf behalten: Eine Vervielfachung des Goldpreises innerhalb kurzer Zeit hätte mit Blick auf die Wirtschaft, den eigenen Arbeitsplatz oder die Lebenshaltungskosten höchstwahrscheinlich ausgesprochen unangenehme Nebenwirkungen. Für mich stellen Goldmünzen oder -barren daher gewissermassen einen Versicherungsschutz dar. Wie bei einer Kfz-, Risiko-, Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt man die Versicherungsprämien und hofft, diese nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Sollte es dennoch dazu kommen, wäre man selbst bzw. die Familie gegen finanzielle Schäden zumindest teilweise geschützt.

Zinsumfeld belastet zweifellos

In diesem Jahr hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen mit bislang 200 Basispunkten deutlich stärker angehoben als die US-Notenbank Fed. Mitte September erfolgte nämlich mit der Anhebung von 4,25 auf 4,5 Prozent der zehnte Zinsschritt in Folge. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 schraubte die US-Notenbank die Fed Funds um lediglich 100 Basispunkte nach oben. Damit erhalten deutsche Geldanleger nach der fast achtjährigen Niedrigzinsphase erstmals wieder nennenswerte Zinsen für ihr angespartes Kapital. Obwohl dadurch für deutsche Privatinvestoren der Anlagenotstand spürbar nachgelassen hat, möchte ich darauf hinweisen, dass die deutsche Inflationsrate die mit Tagesgeld, Festgeld oder Bundesanleihen erzielbaren Renditen weiterhin deutlich übertrifft.

Durch diese Form der Geldanlage sind somit weiterhin Kaufkraftverluste vorprogrammiert. Mein Fazit lautet daher: Bei jährlichen Inflationsraten von mehr als vier Prozent stellen die gestiegenen Zinsen für Anleger nur eine nominale „Scheinblüte“ dar. Real – also nach Abzug der Inflation – kann man an den Zinsmärkten nach wie vor nichts verdienen. Die aktuelle Phase negativer Realzinsen kann nur folgendermassen beendet werden: durch weiter steigende Zinsen, durch eine rückläufige Inflation oder die Kombination beider Szenarien. Dies dürfte jedoch alles andere als ein leichtes Unterfangen werden, schliesslich würden weitere Zinserhöhungen bei Staaten, Unternehmen und Privathaushalten die Schuldentragfähigkeit stark gefährden.

Bei der EZB-Sitzung deutete Christine Lagarde Mitte September an, dass auf Basis der aktuellen Daten und Erwartungen mit dem jüngsten Zinsschritt nach oben der Zinsgipfel erreicht sein könnte. Für das kommende Jahr prognostizieren die Volkswirte der EZB übrigens beim BIP-Wachstum einen Anstieg von 0,7 Prozent (2023) auf 1,0 Prozent und bei der Inflation einen Rückgang von geschätzten 5,1 Prozent (2023) auf 2,9 Prozent p. a. Im Jahr 2025 soll dann mit 2,1 Prozent sogar der Wunschwert der EZB wieder erreicht sein. Wichtig zu wissen: Ein hohes Mass an Unsicherheit herrscht derzeit vor allem an den Ölmärkten und bei Agrarrohstoffen, wo Russlands Krieg gegen die Ukraine und Wetterkapriolen wie Dürren und Überschwemmungen die Preise nach oben treiben könnten. Daneben könnten aber auch steigende Löhne den von der EZB erhofften Inflationsrückgang verhindern.

Sommerliche Verkaufswelle verdaut?

Die in den Sommermonaten zu beobachtende Goldpreisschwäche war vor allem auf den verstärkten Verkaufsdruck an den Terminmärkten und im ETF-Sektor zurückzuführen. So hat sich zum Beispiel die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), die das allgemeine Interesse an Gold-Futures zum Ausdruck bringt, von Mitte Juli bis Ende September von 482.100 auf 435.600 Kontrakte (-9,6 Prozent) deutlich reduziert. Innerhalb dieses Zeitraums sind vor allem grosse Terminspekulanten (Non-Commercials) deutlich skeptischer geworden und haben ihre Netto-Long-Position (mehrheitlich optimistisch gestimmt) innerhalb von lediglich zehn Wochen von 193.350 auf 115.800 Futures (-40,1 Prozent) zurückgefahren. Auf dem Papier entspricht dies einer verkauften Goldmenge von über 241 Tonnen.

Ein ähnlich negativer Einfluss war unter Gold-ETFs auszumachen, also börsennotierten Wertpapieren, die Gold im Auftrag der Anleger kaufen und physisch hinterlegen. Einige Exemplare verbriefen sogar einen Lieferanspruch. Für die Monate Januar bis September bezifferte der World Gold Council die weltweit zu beobachtenden Goldabflüsse auf 130,1 Tonnen, von denen 40,7 Tonnen von nordamerikanischen und 95,7 Tonnen von europäischen Investoren abgestoßen wurden. Sollte sich dieser Trend nicht bald umkehren, dürften die im Vorjahr registrierten Goldabflüsse in Höhe von 109,5 Tonnen deutlich übertroffen werden. Offensichtlich hält sich das Schutzbedürfnis der Anleger trotz Ukraine-Kriegs und diverser anderer Krisen in Grenzen und animiert viele dazu, statt „sicherer Häfen“ lieber Aktien zu kaufen.

Zentralbanken vertrauen auf Gold

Ein Umstand sollte Goldinvestoren aber auch im Jahr 2023 optimistisch stimmen: das anhaltende Kaufinteresse zahlreicher Notenbanken. Wenngleich der Kaufrausch des Vorjahres mit Nettokäufen in Höhe von 1.081 Tonnen aller Voraussicht nach nicht mehr zu schaffen sein dürfte, summierte sich laut World Gold Council das Aufstocken der Goldreserven im ersten Halbjahr 2023 auf immerhin 261,5 Tonnen. Dies entspricht, gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode, einem Rückgang um 35 Prozent. Den stärksten Goldappetit verspürten dabei vor allem drei Länder: China (126,0 Tonnen), Singapur (73,6 Tonnen) und Polen (70,8 Tonnen).

Angesichts der Tatsache, dass nach den Sanktionen westlicher Staaten gegen Russland viele Staaten – allen voran China – ihre Abhängigkeit vom US-Dollar reduzieren möchten, dürfte sich das Interesse an Gold in den kommenden Jahren eher verstärken als abschwächen. In dieses Bild passt auch das diesjährige Gipfeltreffen der BRICS-Staaten im südafrikanischen Johannesburg. Dort wurde der lose Staatenbund um den Iran, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, Äthiopien und Argentinien erweitert. Insbesondere die Pläne Russlands, eine gemeinsame BRICS-Währung ins Leben zu rufen, kamen allerdings kaum voran. Im Vorfeld war sogar über eine potenzielle Golddeckung spekuliert worden.

Ob dieses Vorhaben gelingen und ein Gegengewicht zu den beiden weltweit wichtigsten globalen Reservewährungen Dollar und Euro erfolgreich etabliert werden kann, darf bezweifelt werden, schliesslich sind einige der Mitglieder der erweiterten Organisation untereinander regelrecht verfeindet. Nationaler Egoismus, mangelnde Kompromissbereitschaft und wenig kooperatives Verhandlungsgebaren dürften die Einigung auf eine gemeinsame Währung auf jeden Fall erschweren. Ob Investoren einer Währung vertrauen werden, die in hohem Masse von autokratisch geführten Staaten dominiert wird, in denen Menschenrechte und nationale Rechtssysteme hohe Defizite aufweisen, wage ich zu bezweifeln.

Grundsätzlich rechne ich zwar mit einer fortschreitenden Entdollarisierung, doch eine schnelle Ablösung des US-Dollars als Weltleitwährung stufe ich als ausgesprochen unwahrscheinlich ein. Dies lässt sich auch an der Entwicklung von Dollar und Gold während der vergangenen Monate ablesen. So hat sich zum Beispiel der Dollar trotz der BRICS-Spekulationen um eine gemeinsame Währung deutlich verteuert, und Gold profitierte auch nicht von der vagen Aussicht, dass diese durch Gold gedeckt sein könnte. An die erfolgreiche Einführung einer goldgedeckten Währung glaube ich zwar nicht, ich gehe aber davon aus, dass die BRICS-Staaten vor allem ihre US-Dollar-Abhängigkeit verringern möchten und deshalb eher eine neue Recheneinheit zur Abwicklung von internationalen Handels- und Finanztransaktionen anstreben werden. Diese könnte dann auf den Währungen dieser Staaten basieren.

Mein ganz persönlicher Ausblick: Da sich Gold auf lange Sicht – selbst über Generationen hinweg betrachtet – stets als „kaufenswert“ erwiesen hat, bietet sich unser Goldsparplan insbesondere Privatanlegern an, die den Goldmarkt nicht ständig beobachten und bewerten möchten oder noch nicht über die hierfür nötigen Kapitalreserven verfügen. Die systematische Strategie, Geld in Sachwerte zu tauschen, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vor allem bei Aktienfonds-Sparplänen als „goldrichtig“ erwiesen und so manchem Rentenversicherungspflichtigen einen zumindest unter finanziellen Aspekten unbeschwerlichen Ruhestand ermöglicht.

Bildquelle: pro aurum


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